Big Brother’s Wars

Bei Kriegen geht es nicht um terretoriale Interessen, sondern um die Eroberung interessanter Märkte. So, oder so ähnlich, kann man das Motiv für die jüngsten militärischen Aktionen der USA und ihrer Verbündeten wohl zusammenfassen. Die Amerikaner agieren längst als global-strategische Strippenzieher und bringen damit die geopolitische Balance aus dem Gleichgewicht. Weit außerhalb des eigenen Landes sorgen sie dafür, dass Kriegsherde entfacht und Krisenszenarien befeuert werden.

Eine Ausweitung der NATO werde es nicht geben. Da könne er sich sicher sein, meinte einst Genscher im glückseeligen Wiedervereinigungstaumel auf die Frage Gorbatschows, ob sich das Machtgefälle nun maßgeblich verschieben werde und Moskau mit einer neuen Bedrohung rechnen müsse. Doch es sollte anders kommen als es der damalige deutsche Außenminister dem Chef des Kremls zugesichert hatte.

Genscher und Gorbatschow in den Tagen der Wiedervereinigung Foto: AP / Boris Yurchenko

Gerade die sukzessive Ausweitung der Hoheitsgebiete der NATO, damit meine ich die sogenannte Osterweiterung und insbesondere die Beitritte der baltischen und osteuropäischen Staaten, war ein riskantes Spiel mit dem Feuer, das im Wesentlichen von den USA initiiert wurde. Erst die hegemonialen Ansprüche des westlichen Verteidigungsbündnisses, genauer: der Wunsch der wirtschaftlichen Einverleibung neuer Märkte, drängten Russland in die Enge. Ich will Putins Politik keinesfalls gutheißen, doch darf nicht vergessen werden, dass mit dem Wegfall des Warschauer Pakts ein elementarer Schutzraum verloren ging und auf Russland immer mehr Druck aufgebaut wurde.

Verstärkt wurde dieser erst in jüngster Zeit durch das Manöver „Atlantic Resolve“, bei dem Europas liebster Verbündeter, die USA, wieder mal die Fäden in der Hand halten. So landeten im Januar diesen Jahres 4.000 Mann und 87 Panzer, LKW und Gefechtsfahrzeuge der „Eisernen Brigade“ in Bremerhaven, um auf osteuropäische Länder verteilt zu werden. Das Säbelrasseln vor den Toren Russlands unter amerikanischer Regie wirkt befremdlich, gerade auch, weil Mr. Trump ja eine freundschaftliche Beziehung zu Herrn Putin anstrebt.


Panzer in BremerhavenFoto: dpa/Archiv

Neben der militärischen Spielwiese Europa haben die USA Südkorea als Raktenabschuss-Basis für sich entdeckt. Das eigentliche Problem daran ist nicht etwa, dass dadurch der böse Diktator im Nachbarland provoziert wird. Klar: Dessen ständigen Raketen-Feuerwerke nerven, doch ich bin mir sicher, China und Japan würden mit diesen Drohgebärden des übergewichtigen Egozentrikers auch selbst fertig, wenn man sie nur ließe. Denn auch falls Kim Jong Un Atomsprengköpfe hätte, wäre seine Armee für keinen längerfristigen Krieg gerüstet. Dafür braucht es Geld und Devisen. Nordkorea fehlt es an beidem.

Was sich die USA mit dieser Intervention im Südchinesischen Meer anmaßen, ist genauer betrachtet die Entmündigung Chinas und damit die Provokation der größten Armee der Welt. Immerhin verfügt „der schlafende Drache“ über 2,3 Millionen getreue Volkssoldaten und besitzt damit eine an Mannesstärke (quantitativ) schlagkräftigere Truppe als die Amerikaner (1.429.995 Soldaten) und Russen (1.207.000 Soldaten). Obendrein setzt China bei seiner Armee seit den 1990er Jahren auf einen strikten Modernisierungskurs, baut Atom-U-Boote, werkelt an Tarnkappenbombern, testet innovative Lenkraketen und so fort. Was sich im Zentrum des Militärapprates abspielt, vermag niemand zu sagen. Fest steht: Die Rüstungsausgaben der Chinesen steigen und sind wohl doppelt so hoch wie offiziell ausgewiesen. Es bleibt daher abzuwarten, wie lange der schlafende Drache noch die Augen verschließt, bevor er faucht und schlimmstenfalls Feuer speit.


Chinas Armee ist die größte der Welt. Foto: Reuters, Joe Chan

Auch in der arabischen Welt treiben die Amerikaner ihr Unwesen und beliefern ihren traditionellen Geschäftspartner Saudi-Arabien mit allem, was der zum Bomben und Töten im Yemen und Syrien braucht. Es klingt sarkastisch, dass die US-Regierung ihre finanziellen Interessen damit rechtfertigt, dass sie ja nur intelligente Waffen an die Saudis liefere, was die Zahl der Opfer reduziere.

Zugegeben: Es wäre verkürzt, nur den USA den Schwarzen Peter für das Leid dieser Welt zuzuschieben. Daran haben auch andere Länder Schuld. So steht Deutschland auf der Liste der Waffenlieferanten der Saudis ganz weit oben. Herr Gabriel höchstpersönlich genehmigte im März 2016 großzügige Rüstungsdeals der Firma Heckler & Koch. Heißt: 23 zivile Hubschrauber mit militärischen Einbauten gingen nach Saudi-Arabien, 1.210 Maschinengewehre bekam der Oman, 487 Indonesien und 130 die Vereinigten Arabischen Emirate. Fluchtursachen bekämpfen sieht anders aus, liebe SPD, nicht wahr? Traurig auch, dass ein solcher Kriegstreiber wie Gabriel jetzt als Außenminister als Chef-Diplomat weitermachen darf, wo er aufgehört hat. Willy Brandt würde sich im Grabe umdrehen.

Und was macht Mutti-Merkel? Die kocht ihr eigenes Süppchen, vorzugsweise mit den Amis. Denn: Da weiß man, was man hat. So will sie die Rüstungsausgaben Deutschlands auf satte zwei Prozent des BIPs hochschrauben, ganz nach Trumps Gusto. Auch die anderen Bündnis-Partner sollen nach dem Willen Amerikas tief in die Taschen langen. Damit dürfte das Verteidigungsbündnis NATO endgültig zu einer Interventions-Streitmacht und zum verlängerten Arm der US-Exekutive werden. Wo das Wettrüsten hinführt, mag heute noch niemand zu erahnen. Doch Gewalt erzeugt bekanntlich Gegengewalt. Wenn die Amerikaner weiter Wind sähen und Deutschland mithilfe der kalten Brise von der anderen Seite des Atlantiks Kurs hält, könnte bald ganz Europa Sturm ernten.

Autor: Andreas Altmeyer

Autor, Friedensaktivist

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