Atomkraft: Die Kunst der medialen Wiederaufbereitung

Schon lange fokusieren für uns die Medien in Sachen Atomkraft das, was Politiker entscheiden sollen oder bereits entschieden haben. Dabei kommen selbst seriöse öffentlich-rechtliche Sendeanstalten nicht umhin, die Schmitts und die Müllers von Nebenan in ihren Berichten, teils durch den Einsatz dramatischer musikalischer Nuancen, teils mittels unterschwellig polemischem Unterton, von „ihren“ Bedenken über einen schnellen Atomausstieg zu überzeugen. So konnte ich vor Kurzem ein Glanzstück einer ‚investigativen‘ Reportage verfolgen, die untersuchte, welche Mehrkosten bei einem endgültigen Abschalten aller deutschen Meiler auf uns und die Industrie zukommen werden. Antwort: Unsere Geldbeutel werden jährlich mit 60 Euro zusätzlich strapaziert. Nun hört sich das wahrlich nicht nach viel an. Um den Panik-Charakter dieser Meldung dennoch aufrechterhalten zu können, bediente sich der Reporter deshalb einem geschickten Vergleich. Hier dessen ungefährer Wortlaut:“Während der Endverbraucher mit rund 60 Euro jährlich mehr rechnen muss, wachsen die Kosten für die Industrie rund auf 200 Milliarden Euro an.“ Ich frage mich, ob mittlerweile die „Milliarde“ zum festen Bestandteil einer „guten“ Nachrichtenmeldung gehören muss. Von Bankenpleite bis zu Griechenland: Die globalisierte Währungseinheit wird mittlerweile wohl in Milliarden bemessen und verliert dadurch an Fassbarkeit und obendrein an ihrem inharänten Wert.

Wen zur Hölle meint dieser Journalist mit der Industrie? Nun hätte man ganz einfach sagen können: „Die Kosten für einen industriellen Betrieb mittlerer Größe werden durchschnittlich um 10.000 Euro jährlich steigen.“ Zugegeben: Das klingt weit weniger sensationell. Eben: Da vergleicht dieser Mensch lieber Äpfel mit Birnen und führt mit der Industrie eine anonymisierende Begriffsschablone ein, der gegenüber die Mehrbelastung des kleinen Steuerzahlers fast schon der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Fast kann man den Eindruck gewinnen, man müsse bei solchen Mehrkosten der Industrie einen Fresskorb überreichen, da sie ansonsten am postindustriellen Hungertuch nagen müsse.

Sind es überhaupt die mittelständigen Unternehmen, die KMUs, die immerhin den Mamut-Anteil zum Bruttosozialprodukt beisteuern, die dieser Reporter meint? Ich kann mich der Vermutung nicht erwehren, dass davon eher nicht auszugehen ist…

Ist die Verzahnung von Medien und obskuren Lobbyisten der Großindustrie schon weiter vorangeschritten, als ich es vermutet hätte? Für mich steht jedenfalls fest: Diese 60 Euro gebe ich gerne aus für eine nicht-strahlende Zukunft. Bei jeglicher Kostendiskussion darf nicht vegessen werden: Atomkraft war und ist niemals eine saubere Form der Energiegewinnung.

Wäre sie das, dann bräuchten wir uns über die Wiederaufbereitung der hoch verstrahlten Brennstäbe, über deren Endlager und, nicht zu vergessen, über die bereits tausenden Todesopfer der Atomunfälle keine Gedanken zu machen… Leider ist das Leben kein Konjunktiv und die Ereignisse lehren uns Schlimmeres. Der Schritt weg von der Atomkraft war überfällig und das nicht zuletzt deshalb, weil sie uns und unseren Kindern gegenüber zutiefst unmoralisch ist.

Aussetzung bzw. Abschaffung der Wehrpflicht

Herzlichen Glückwunsch! Am 01. Juli war es so weit: Die Wehrpflicht hat eine Ende. Nun dürfen sich junge Menschen endlich dem widmen, was wirklich zählt und da gibt es Vieles, statt Bundeswehr. Hand auf’s Herz: Eigentlich ist alles sinnvoller, als diesem obsoleten Brauch nachkommen zu müssen. Endlich findet eine Ära ihr Ende, die den „Dienst an der Waffe“ als vaterlandstreu verharmloste und ihren ideologischen Grundsatz auf Befehl und Gehorsam gründete. Werte, wie Autonomie und selbstverantortliches, christliches Handeln, mussten dabei schon mal an der Kasernentüre abgegeben werden. Individuelle Persönlichkeiten wurden zur anonymen Truppe summiert, sinnloser Drill als wahrhaft männlich verklärt. Damit vertrat und vertritt die Bundeswehr eine Werteauffassung, die sich im Allgemeinen nicht mehr mit dem gegenwärtigen common sense deckt.

Auch wenn sie darin bestrebt war, sich stets einen neuen (und garnicht mehr so grün kämpferischen) Anstrich zu verleihen, hinkte sie dem Zeitgeist immer hinterher. Daran konnten auch verheißungsvolle „Karrierechancen“ inklusive groß angelegten Werbekampagnen nichts ändern. Vielleicht haben aber auch die jungen Menschen schon bemerkt, dass über diesem wackligen Karriere-Sprungbrett stets das Damokles-Schwert der unberechenbar gefährlichen Out-of-Area-Einsätze schwebt, die eher von machtpolitischen Schachzügen der Weltpolitik als von der Verteidigung eigener Landesgrenzen abhängig sind.

Schlagzeilen von gelegentlich im Kampf gefallenen deutschen Soldaten dürften dem Bund seine Jobvermittlungs-Versuche auch nicht gerade erleichtern. Soziologen bescheinigen der Bundeswehr ohnehin schon lange keine rosige Zukunft mehr und prophezeien ihr gerade noch dünne Zuläufe aus den sogenannten bildungsfernen Schichten. Ob die Bundeswehr nun endgültig zu einer Armee bezahlter Modernisierungsverlierer mit Hang zu deutschtümelnden Traditionen wird, bleibt abzuwarten.

Fazit: Dienst für’s Vaterland tun wir Steuerzahler schon lange. Das geht auch ohne teure strategische Sandkastenspielchen und dem Lernen-Müssen, wie Mann tötet. Die Wehrpflicht ist ein Relikt längst vergangener Tage und gehört genau dort hin.