Die K-Frage und meine Antwort

Kaum hat man die magische Alters-Schallmauer „30“ erreicht, scheint alles anders zu werden. Woran ich das fest mache, fragen Sie? Nun: Eines schönen Tages, an einem nicht minder schönen Morgen, machte ich mir Zucker in den Kaffee. Gut. Nun ist ‚Zucker in den Kaffee machen‘ nicht unbedingt der Altersindikator schlecht hin. Denken SIE! Als einer der größten Kaffee-Trinker aller Zeiten (ob mir dieser Titel nun rechtmäßig zusteht oder nicht, das vermögen nur andere zu beurteilen) zählte und zählt die schwarze Brühe zu meinen Grundnahrungsmitteln. Und zwar voll und ganz. Abgesehen davon, dass ich zu früher Stunde nur mit enstprechender K-Dosis aus dem Tiefschlaf erwache, ist Kaffee also von je her ein essentieller Teil meines Lebens. Je stärker, desto besser. Doch dann, an diesem Morgen, bemerkte ich Folgendes: Als die ersten Tropfen des Gebräus meine Lippen benetzten, war mir Selblige zu stark – zu intensiv. Nachdem ich dieses erschreckende Ereignis als einmalige Verirrung meiner Geschmacksknospen deutete und unweigerlich an dem gewohntem Ritual des Schwarzen-Kaffeeschlürfens festhielt, musste ich feststellen, dass diese ‚Verirrung‘ …. nun….. keine war. Egal wo ich versuchte, den Kaffee schwarz zu schlürfen: Es war mir unmöglich. Einfach zu bitter.

Was also an jenem sonnigen Morgen mit der bitteren Erkenntnis meiner Zunge begann, wurde nun zur traurigen Gewissheit für mich: Er (der Kaffee) war zu stark – also bin ich zu schwach… Mit einem Mal wurde mir klar, dass diese kleine Veränderung in meinem Leben – ganz wie ich das aus The Butterfly Effect kannte – unweigerlich bittere Folgen nach sich ziehen würde. Was, wenn dieser kleine Griff zur Zuckerdose erst der Beginn ist von einer Kette unglaublicher Begebenheiten?

Frauentausch: Ein Leben nach Maß

Wieder einmal ertappe ich mich dabei, dass ich Donnerstags abends das Fernsehen anschalte. Nicht irgendeinen Sender – nein – RTL2. Ja – ich gebe es zu: ICH bin Frauentausch-Gucker… Nun habe ich mich oft schon in einem inneren Dialog über die Motive dieser Sendungs-Auswahl befragt. Gut – das Gezeigte amüsiert mich. Amusement kann letztlich durchaus als Motiv herhalten. Allerdings amüsiert die Sendung auf RTL2 auf besonders deficile Art und Weise. Was da gezeigt wird, das berührt und zwar daher, dass das, was wir da sehen, scheinbar das normale Leben zeigt. War die frühere Fernseh-Landschaft geprägt von den öffentlich-rechtlichen Unterhaltungs-Attacken eines Dieter Thomas Heck oder eines Wim Tölke (wer kennt den eigentlich noch?), so bildet die mediale Allmacht der Fernsehsender uns mit unseren Schwächen und unseren Wünschen ab. Ja – bei einer Tüte Chips vor der Flimmerkiste und mit meiner aufgesetzten Distanz-Brille ist das eigene Leben viel schöner. Nennen Sie es die Befriedigung eines meiner elemtarsten Bedürfnisse, aber: Ja, Frauentausch hat mir gezeigt, dass alles noch schlimmer kommen kann. Und das beruhigt. Warum also aufregen über die nicht runtergeklappte Klobrille oder den vollen Mülleimer? Ja, die Macher dieses High-End Downgrad TV-Formats zeigten mir, dem Ordnungsjunkie auf eine unaufdringliche, von Werbepausen durchsetzte, Art und Weise: „Bleib doch einfach cool, Junge!“ Die innerpsychischen Antriebsmomente des Frauentausch-Syndroms wären somit hinreichend anylsiert und abgehakt. Allerdings bin ich nicht nur Gutmensch – nein – manchmal, manchmal da kann ich richtig böse sein. Und da liegt das zweite archaische Bedürfnis begraben, dass durch diese weekly TV-Soap befriedigt wird… Wo soll ich anfangen? Ist Ihnen nicht auch schon mal aufgefallen, dass wir in einer absolut verweichtlichten Gesellschaft leben? Geprägt von dem Ariel-Weichspühl-Charakter knuddeln wir uns förmlich noch zu Tode. Ehekrisen werden in Paarseminaren ausdiskutiert, während Straßen-Kids aus Mainhatten bei Richterin Barbara Salesch in pädagogische Einzelhaft genommen werden. Na ja – und wenn’s dann doch nicht klappt, dann hilft Peter Zegat oder so…

Unglaublich, dass RTL diese Pseudo-Helfer mit dem Claim „Macht stark für das Leben“ versehen hat, denn sie zeigen uns ja nur die Inszinierung dessen. Nochmal zurückspulen. Worauf ich bei Frauentausch eigentlich hinaus wollte, ist der Punkt, dass ich genau hier, von 21.15 bis 23.15 meine Verachtung für die Menschen rauslassen kann, die sich für so eine, mit Verlaub, Scheiße, hergeben.

Das kann ich zwar auch auf dem Fußballplatz ABER: Zu Hause, da hört’s wirklich keiner – und das ist gut so. Nun aber zur Überschrift – und damit auch zum endlich seriösen und garnicht polemischen Teil dieses Artikels. Wenn ich schreibe „ein Leben nach Maß“, dann meine ich Folgendes: Bei der Sendung Frauentausch ist Nichts, aber auch Garnichts, spontan. Dass, was uns da als das „normales Leben“ vorgegaukelt wird ist nichts weiter als dessen abstrakte Inszinierung. Alle Menschen, die hier auftreten, werden instruiert – neudeutsch nennt sich das dann Scripted Reality. Heisst: Es existiert immer so etwas wie ein Drehbuch. Aber das wussten Sie ja hoffentlich vorher schon. Oder? Also setzen Sie, wie meine Wenigkeit, wieder ganz schnell die Distanzbrille auf, bevor Sie sich über soviel Mist beginnen aufzuregen und denken Sie immer an den bezeichnenden Sender-Slogan, der uns, ganz in guter Slogan-Formulierungs-Manier, mittels 3 wohl ausgewählter Worte klar macht, was das Ganze eigentlich ist: „It’s Fun“.