Was bedeutet eigentlich Fronleichnam?

Das hab‘ ich mich gefragt. Ok, es ist ein kirchliches Hochfest, so weit so gut. Entstanden ist Fronleichnam durch die Vision der Ordensfrau Juliana von Lüttich um 1209. Diese sah darin den Mond mit einem dunklen Fleck, was später als das Fehlen einer Eucharistie-Feier gedeutet wurde. Daraufhin führte Bischof Robert von Lüttich um 1246 das Fronleichnam-Fest in seine Diazöse ein. Eine wichtige Voraussetzung für das Fest war dabei das Laterankonzil. Dieses hat die Wandlung der eucharistischen Gestalten durch die so genannte Transsubstantiationslehre (schwieriges Wort) präzisiert und dann zum Dogma erhoben. Bedeutet: Erst durch diese Lehre wurde es offiziell „möglich“ (daran zu glauben), dass in der Messe Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden können und Gott darin gegenwärtig wird. Damit verehrt und gedenkt dieses Fest auf feierliche Art und Weise dem sogenannten Altarsakrament, was ja die Wandlung versinnbildlicht.

Auch Thomas von Aquin (1225-1274) war an der Enstehung dieses Festes mit beteiligt, indem er Texte für das Offizium und die Messen zusammenstellte. Von ihm stammt die berühmte Sequenz „Lauda, Sion, Salvatorem“ (Lobe, Zion, den Erlöser).

Übrigens war Martin Luther einer der energischsten Gegner dieses Festes und bezeichnete es 1527 als das „schädlichste aller Feste“.

Im Französischen trägt der Tag übrigens den schönen Namen Fête Dieu, also das Fest Gottes. Fronleichnam findet immer am zweiten Donnerstag nach Pfingsten statt und steht damit im Osterfestkreis. Noch ein Wort zur Etymologie: Der Begriff stammt aus dem Mittelhochdeutschen. „Fron“ bedeutet „Herr“ und „Lichnam“ bezeichnet den lebendigen Leib. Gefeiert wird bei dem Fest die bleibende Gegenwart von Jesus Christus. Besonders ist bei diesem kirchlichen Fest die Prozession. Schon 1264 soll übrigens in Köln eine solche stattgefunden haben. Die Prozession führt die Gläubigen an vier Stationen vorbei, die allesamt den Anfang eines Evangeliums verkünden. In Bayern und Köln finden berühmte Prozessionen auf dem Wasser statt. Bleibt nur zu hoffen, dass die Prozessionen wegen des wechselhaften Wetters heute nicht ins ‚Wasser fallen‘.

Altes Eisen?

Irgendwie ist mir heute Morgen mal wieder bewusst geworden, wie wenig uns die Generation der Älteren eigentlich wert ist. Ich saß, mit gefühlten vierzig weiteren überwiegend älteren Personen, im Wartezimmer eines Arztes. Leider war dieses Wartezimmer ziemlich voll. Zwar konnte ich mir gerade noch den letzten Sitzplatz sichern, allerdings trat schon bald wieder eine ältere Dame ein, die mir recht gebrechlich schien. Ich stand auf und bot ihr meinen Platz an. Das ist prinzipiell selbstverständlich für mich. Was mich jedoch schockierte, war, dass auch einige andere Personen meiner Alltersgruppe zur gleichen Zeit in diesem Wartezimmer saßen. Diese wirkten ganz und gar mit sich selbst beschäftigt und machten überhaupt keine Anstalten, der alten Dame entgegen zu kommen und ihren Platz anzubieten.

Einer von ihnen stach mir besonders ins Auge. Irgendwie erinnerte mich der gute Mann an unseren Fußball-Bundestrainer: Weißes Hemd und unglaublich busy. Übrigens blieb ich daraufhin stehen, da immer weitere ältere Damen und Herren in das Wartezimmer drängten. Die Herren meiner Altersklasse (es waren in diesem Fall tatsächlich ausnahmslos Herren) ließ das jedoch immer noch völlig kalt.

Was mir dieser kleine Vorfall einmal mehr verdeutlichte, ist die noch immer in unserer deutschen Gesellschaft gering ausgeprägte Akzeptanz gegenüber den Älteren. Ich meine: Wir gehen Oma und Opa besuchen – an Weihnachten und anderen Feiertagen – schön und gut. Aber sind wir wirklich bereit, uns auf die Bedürfnisse älterer Menschen, ja deren Existenz überhaupt, auch im Alltag einzulassen? Ich denke nicht. Aber woran liegt das eigentlich? Ist das Nicht Wahrhaben wollen des Alters vielleicht unserem Wunsch geschuldet, nicht all zu früh mit der eigenen Vergänglichkeit konfrontiert zu werden? Vielleicht. Oder haben wir hier in Deutschland einfach den respektvollen Umgang mit älteren Menschen garnicht erst gelernt? Das von mir beobachtete Phänomen sieht man immerhin in vielen Situationen des öffentlichen Lebens. Nehem Sie Bus, Bahn, Warteschlange im Supermakt. Natürlich gibt es da auch die rüstigen Alten, die sich ihrem Alter nur bewusst sind, wenn es darum geht, daraus Vorteile zu ziehen (Junger Mann, lassen Sie mich mal vor da. usw.). Die meine ich nicht. Denn die bedürfen – jedenfalls noch – nicht unserer Fürsorge. Mir geht es um das Erkennen und Wahrhaben von alten Menschen, die von unserer Akzeptanz im Alltag in gewissem Maße abhängig sind. Und das muss ich mich schon fragen: „Liebes Deutschland, was hast du da nicht verstanden?“

Nehmen Sie als Gegenbeispiel die familiären Bande italienischer Einwanderer-Familien, die auch nach Jahren der eigentlichen Einbürgerung unglaublich stark zu sein scheinen. Hier geht nichts ohne la Mama oder la familiaüberhaupt.

Der von uns tradierte Familienbegriff ist dagegen weitaus offener und durchlässiger. Familie hat bei vielen von uns nicht den Stellenwert, der ihr eigentlich gebührt – leider.

Andererseits denke ich, wir konzentrieren uns einfach zu sehr auf uns selbst. Gestern habe ich bereits auf Ricard verwiesen, der die Akzeptanz gesellschaftlicher Interdependenz als essentielle Grundlage einer echten Selbstlosigkeit propagiert. Ja, ich denke, genau das ist es: Um den Älteren endlich überhaupt empathisch gegenüber zu treten, müssen Viele überhaupt erst einmal kappieren, dass wir von einander abhängig sind. Nur wenn wir uns als kollektiv Handelnde wahrnehmen, haben wir die Chance, von unseren Egotripps runter zu kommen.

Natürlich könnte man nun auch argumentieren:Ja, mit den zunehmenden Rollenerwartungen an uns werden wir immer mehr Stress ausgesetzt. Die „böse“ Gesellschaft ist schuld. Das will und kann ich an dieser Stelle jedoch nicht gelten lassen. Andere Gesellschaften sind genau so „komplex“ strukturiert wie die unsere. Andere Gesellschaften – nehmen Sie ganz Südeuropa – sind unserer sehr ähnlich. Kurz gesagt: Auch die in ihnen lebenden Menschen, müssen arbeiten und haben sich dennoch eine gewisse Empathie im Umgang mit dem Alter und den Alten bewahren können. Wir nehmen uns, so bin ich überzeugt, einfach viel zu wichtig.

Wenn wir von diesem Egotripp endlich mal runterkommen, wird uns vielleicht bewusst, dass wir die Zeit für Oma und Opa, Mutter und Vater, eigentlich (gehabt) hätten und dass es auch im Alltag mit ein Bißchen mehr Rücksicht weitaus menschlicher herginge. Wir sollten uns das nur mal eingestehen.