Olympia im Fadenkreuz

Bald gehen sie los: die Olympischen Winterspiele in Sotschi. Ich finde, es ist mehr als berechtigt, danach zu fragen, ob dieses Massen-Event an diesem Ort überhaupt stattfinden sollte. So gebe ich dem Tainer der Deutschen Bob-Nationalmannschaft, Christoph Langen, recht, wenn er sagt, man solle einfach mal schauen, bevor man die Spiele irgendwo hin vergebe. Und hätten sie geschaut, und wirklich wahrgenommen wo sich Sotschi befindet, dann wäre auch den Herrn des IOC schnell klar geworden: In diesem Teil der Welt, weit im bergigen Hinterstübchen Russlands, geht es nicht um medial-gehypten Sportsgeist, sondern hier ist die existentielle Not zu Hause. Die nahegelegenen, nordkaukasischen russischen Teilrepubliken sind geprägt von Terror und Perspektivenlosigkeit.

Bomben und Tote jede Woche – das alles ist dort traurige Realität. Und der lange Atem des Terrors wird die Olympischen Winterspiele 2014 als ungehahnten Multiplikator willkommen heißen. Auch wenn die russische Führung versucht, der abstrakten Bedrohung durch U-Boote, Sperrgebiete und Personen-Überprüfungen gewahr zu werden – echte Sicherheit kann es bei solchen Events nie geben. Trotz strenger Restriktionen, heißt es, sei eine islamistische Selbstmord-Attentäterin bereits eingereist. Die USA haben übrigens eine Reisewarnung für die Stadt ausgesprochen.

Und vielleicht ist es einfach an der Zeit, dass wir erkennen, in welcher Welt wir leben. Dass es an allen Ecken brennt und schmort. Und dass dieses Kokeln, dieses leichte Zischen und Schwelen sich zu einem Gefühl der Unsicherheit in uns verdichtet – langsam, aber stetig.

Was zu tun ist? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es einfach besser, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen – sich nicht betäuben zu lassen von solchen Nebensächlichkeiten wie Unterhaltungs-Shows, Fußball-Ergebnissen, Pauschalurlauben und den anderen trügerischen Wohlstands-Indikatoren. Richten wir lieber unsere Augen dieser Tage nach Montreux, wo die syrischen Konfliktparteien am runden Tisch sitzen, nahe des Genfer Sees, Geburtsort des legendären Deep Purplschen Klassikers „Smoke on the Water“. Oder nach Kiew. Dort – im grauen Nebel des Maldan – werden immer noch erbitterte Kämpfe gefochten.

Vielleicht gehen uns diese Szenrarien kurz durch den Kopf, bevor wir uns im Fernseh-Sessel zurücklehnen – wissend, dass auch unsere Sicherheit auf einem sandigen Fundament steht. Systeme wirken bekanntlich aufeinander und ein in Kiew geworfener Stein kann schnell einen Flächenbrand verursachen, der auch unsere Neubausiedlungen und Reihenhäuser heimsucht.

Die Vorboten von Sotschi sind eisig. Ein islamistisches Bekennervideo spricht von einer „Überraschung“, die man sich für den russischen Ort ausgedacht habe. Auch der selbsternannte „Emir vom Kaukasus“, Terrorfürst Doku Umarow, will die Spiele blutig verhindern.

Manchmal wäre es klug nachzugeben und angesichts der Gefahrenlage hätte man wohl schon viel früher die organisatorische Notbremse ziehen müssen. Doch Geld und Profit – ach nein: der olympische Gedanke – haben ein sanftes Anhalten längst verhindert.

Auf dass die Welt nicht Zeuge eines zweiten olympischen Infernos werde…

Putins Comeback

Was sahen meine Augen, als ich am vergangenen Wochenende schon ganz früh in die Welten des WorldWideWeb stürmte? Putins Comeback in den Kremmel? Richtig! Denn dieser machthungrige Mensch ist noch längst nicht satt an Selbiger und wird sich im Jahre 2012 wieder den Präsidentschaftswahlen stellen, um dann natürlich zu gewinnen und bis ins Jahr 2018 zu regieren. Medwedjew wird damit entgültig zum Statisten degradiert – aber das war er meiner Meinung nach eh schon längst. Wieder einmal hat in Russland sich also der Starke durchgesetzt, zulasten eines gerade aufkeimenden liberalen Ideenreichtums und emanzipatorischer Tendenzen. Da wirken auch die surrealistischen Versprechen Putins, 20 Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen, nicht wirklich mildernd. Man darf gespannt sein, wie hoch Putin bei den nächsten Wahlen gewinnen wird. Sicher ist: Gewinnen wird er, auch wenn man nachhilft. Mütterchen Russland steht noch ein langer Weg in die Demokratie bevor…