Aufrüsten im Namen der Amerikaner

Betrachten wir die gegenwärtige politische Gemengelage, so wird eines klar: Deutschland und seine Bündnispartner rüsten auf. Die Richtung, in die sie marschieren, hat dabei längst der amerikanische „Big Brother“ vorgegeben. 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, so Donald Trumps Forderung, sollen sich die europäischen Vasallen ihre Militärausgaben und „Out of Area“-Einsätze an Hindukusch und Co. kosten lassen. Lauscht man den Worten unserer „Never Ending-Verteidigungsministerin“ Ursula von der Leyen, so wird auch deutlich, warum diese Ausgaben – zumindest aus kapitalistischer Perspektive betrachtet – unbedingt notwendig sind: Eine bessere Ausrüstung soll her, damit sich die Truppe noch effizienter an den geostrategischen Sandkastenspielen der Eliten beteiligen kann. Die frisch aus der Taufe gehobene GroKo ist sich trotz ihrer Anlaufschwierigkeiten zumindest darin einig, dass alle Auslandseinsätze der Bundeswehr verlängert und sogar ausgeweitet werden sollen. Da mag sich der geneigte Leser schon fragen, für wen, und vor allem: warum, wir so liebend gerne in den Krieg ziehen und uns quasi fremdbestimmt die Aufrüstung befehlen lassen sollen. Glimmt da noch ein Funke Dankbarkeit aus den Nachkriegsjahren gegenüber den Amerikanern im Bewusstsein derer auf, die hier entscheiden? Oder ist es Aktionismus, der die Bevölkerung auf einen weitaus größeren Krieg einschwören soll? Immerhin hat sich die NATO sukzessive nach Ostern ausgedehnt und rüstet auf. So simuliert das sogenannte Verteidigungsbündnis immer wieder in martialischen Übungen den Ernstfall und wird dabei nicht müde, das Feindbild Russland zu bemühen. Eine der größten Manöver dieser Art war die im Jahr 2014 begonnene „Operation Atlantic Resolve“, bei der die USA tausende Soldaten und hunderte Kettenfahrzeuge nach Europa verlegten, um die Alliierten zu unterstützen.Vergessen wird dabei nur allzu gerne, dass es einst der Westen, namentlich der damalige Außenminister Genscher, war, der Gorbatschow am 31. Januar 1990 zu verstehen gab, dass es keine NATO-Osterweiterung geben werde. Seitdem hat sich jedoch viel getan: 1990 traten die ehemaligen Ostblock-Länder Tschechien, Ungarn und Polen dem Bündnis bei, 2004 Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien sowie im Jahr 2009 Kroatien und Albanien und zuletzt Montenegro im Jahr 2017. Muss man ein Putin-Versteher sein, um zu begreifen, dass das schrittweise Näherrücken eines Militärbündnisses an die Außengrenzen Russlands von diesem als territoriale Bedrohung empfunden wird? Nein, denn das sagt einem eher der gesunde Menschenverstand. Nichtsdestotrotz treiben die USA die NATO-Ausgaben immer weiter voran und sind stolz darauf, dass das sonst so klamme Griechenland in Sachen Rüstungsmilliarden auf Rang zwei, gleich hinter den USA, zu finden ist. Interessant bei einem Land, dessen soziale Schere immer weiter auseinanderklafft und dessen Staatsverschuldung alleine im Jahr 2016 bei 314,90 Milliarden Euro lag, nicht wahr?

Und nein: Es kann und darf bei alledem nicht darum gehen, Russland von allen politischen Sünden reinzuwaschen. Dass Herr Putin kein Heiliger ist, steht außer Frage. Dennoch sollte uns eines bewusst sein: Das amerikanische Imperium hat nur ein Interesse: sich selbst. Zielsetzung seiner Expansionspolitik ist nicht nur die Schwächung seines geostrategischen Erzrivalen, sondern auch die Sicherstellung von Rohstoff-Ressourcen und nicht zuletzt die Stärkung des militärisch-industriellen Komplexes. Schon der von der CIA initiierte Afghanistan-Krieg ab 1979 war eine Methode, die damalige Sowjetunion zu destabilisieren. Das gab der strategische Strippenzieher Zbigniew Kazimierz Brzeziński im Interview mit „Le Nouvel Observateur“ übrigens offen zu. Heutzutage hat sich mit Syrien lediglich die Kulisse geändert, in der das kriegerische Schachspiel ausgetragen wird.
Die Formel, nach der agiert wird, ist immer die gleiche: Bei Kriegen geht es letztlich nur um die Eroberung von Märkten! Deutschland und die gesamte Europäische Union täten gut daran, sich nicht von den imperialen Interessen der USA einspannen zu lassen, denn am Ende sind sie es, die dafür ein blutiges Bauernopfer erbringen müssen. Fest steht: Folgen sie weiter der US-amerikanischen Blaupause, so tragen sie die Mitschuld bei der Transformation der NATO hin zu einer Angriffsarmee. Statt Aufrüstung und Konfrontation brauchen wir Staatenlenker, die auf Gespräche und auf Fakten setzen. Die Rahmenerzählung der USA ist offenkundig. Das Narrativ des „Krieg gegen des Terrorismus“ ist in Wahrheit nichts anderes als die Rechtfertigung für terroristische Angriffskriege der USA, die, wie im Falle vom
Irakkrieg 2003, sogar völkerrechtswidrig sind.
Es liegt nun allein an uns, ob wir uns zum Teil der US-amerikanischen Propaganda machen lassen oder diese als solche entlarven. Das erfordert Kraft und Anstrengung, ist aber durchaus lohnenswert und friedensstiftend.

Israel vs. Palästina: Ein Konflikt, gemacht vom Westen

Frei nach Marx heißt es bekanntlich: Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie stets unter vorgegebenen Umständen. Nun lässt sich dieses Zitat nur bedingt auf den Israel-Palästina-Konflikt anwenden. Betrachten wir nämlich dessen Ursprung, so kommen wir nicht umhin, die von England, genauer: die von dem damaligen britischen Außenminister, Sir Arthur Belfour, verfasste Balfour-Deklaration zu erwähnen. Selbige wurde am 2. November 1917 aufgesetzt und garantierte den Zionisten eine nationale Heimstätte. Kurz: Die Engländer verschenkten als Besatzer des Nahen Ostens Land an eine Drittpartei, das ihnen gar nicht gehörte. Das sollte man sich immer mal wieder ins Gedächtnis rufen, wenn man heutzutage den Nahen Osten als permanentes Pulverfass metaphorisiert.

Fest steht ebenfalls, dass die Briten diese „Schenkung“, die ja keine war, denn das würde ja voraussetzen, dass das Verschenkte dem Schenkenden einst gehörte, nicht aus reiner Nächstenliebe vornahmen. Vielmehr wollte man einerseits die Juden aus dem eigenen Land verbannen und andererseits mit dem Staate Israel einen „Flugzeugträger“ installieren, der die Interessen des eigenen Landes wahren sollte. Wir erinnern uns: Der Erste Weltkrieg war fast vorbei und Großbritannien versuchte, sich die Unterstützung der Juden in aller Welt zu sichern, um die Mittelmächte USA und Russland zu schwächen.

Die Weichen für die Gründung des Staates Israel wurden also weit vor dessen eigentlichem Gründungsdatum, dem 14. Mai 1948, gestellt. Das ist auch auf das Völkerbund-Mandat Großbritanniens zurückzuführen, das schon in der Konferenz von Sanremo die Neuaufteilung des einstigen Osmanischen Reiches regelte. So ist es durchaus verständlich, dass die benachbarten Staaten in Israel ein artifizielles Konstrukt des Westens sahen, das sie provozierte. Noch in der Gründungsnacht erklärten Ägypten, Saudi-Arabien, Transjordanien, der Libanon, der Irak und Syrien dem neuen Staat den Krieg. Dieser dauerte rund ein Jahr an und brachte Israel erhebliche Landgewinne, während die für die Palästinenser vorgesehenen Areale, vor allem der Gazastreifen und das Westjordanland, unter ägyptische Besatzung gelangten. Der sogenannte Israelische Unabhängigkeitskrieg verursachte die erste Flüchtlingswelle der arabisch-stämmigen Bevölkerung in die Nachbarländer und zeigte, dass Israel bereit war, mit enormer militärischer Härte gegen seine Gegner vorzugehen.

Das bewies sich auch im Jahr 1956, als es Frankreich und Großbritannien bei der Sues-Kampagne gegen Ägypten unterstützte. Zur Erinnerung: Gamal Abdel Nassar hatte gegen „geltendes Recht“, dessen Nutznießer natürlich die Großmächte waren, den Sues-Kanal verstaatlicht. Doch Nassar bewies enormes diplomatisches Geschick: Die USA intervenierten, Frankreich und das Vereinigte Königreich mussten sich geschlagen geben. Dies begründete schließlich Nassars Mythos: Noch heute wird dieser in Ägypten als Volksheld verehrt.

Im Sechs-Tage-Krieg von 1967 verschärften sich die Spannungen zwischen Ägypten und Israel, nachdem Ägypten die Sinai-Halbinsel besetzt und die Straße von Tiran für die israelische Schifffahrt gesperrt hatte. Auch dieses Mal ging Israel jedoch als Sieger hervor. Die daraus resultierenden Gebietsgewinne, darunter der Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel, die Golanhöhen, das Westjordanland und Ostjerusalem, sind kennzeichnend für die Geopolitik der Gegenwart.

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Israelischer Panzer, Foto: AP (C)

Der vierte arabisch-israelische Krieg war schließlich der Jom Kippur Krieg im Jahre 1973. Am Tag der Versöhnung, Jom Kippur, griffen Syrien und Ägypten (unter Anwar as-Sadat) die Sinai Halbinsel und die Golanhöhen an, wurden jedoch erneut von der israelischen Armee besiegt.

Ich habe diese äußeren Konflikte deshalb angeführt, weil sie zum Verständnis der heutigen Situation in Israel deutlich beitragen.

Betrachten wir das Freiheitsbestreben der Palästinenser gegenüber den Israelis, so ist damit untrennbar der Name Jassir Arafat verbunden. Klar ist jedoch, dass der Gründer der Fatah, also der Bewegung zu Befreiung Palästinas, als ambivalente Figur der Geschichte zu sehen ist. Deshalb wird er auch in den Augen vieler Historiker als Chamäleon bezeichnet. Fakt ist, dass Arafat sich nicht davor scheute, die Unabhängigkeit Palästinas mit Waffengewalt durchzusetzen. Erst nach und nach erntete er diplomatische Anerkennung, so vor allem bei seinem Auftritt vor der UNO-Vollversammlung im Jahre 1974. Bei allem Verständnis für seine Bemühungen, so muss man ihn, denke ich, auch als Terroristen sehen, der nachweislich Attentate organisierte und plante.

Immer wieder lehnten sich die Palästinenser in Aufständen, densogenannten Intifadas, gegen Israel auf, das als Besatzermacht empfunden wurde. Die erste Intifada begann 1987 und endete mit den Friedensverhandlungen von Oslo 1993. Die Zweite Intifada begann im Jahr 2000, nachdem der israelische Oppositionspolitiker Ariel Sharon am 28. September 2000 den Tempelberg besucht hatte.

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Palästinensischer Freiheitskämpfer, Foto: Aljazeira (c)

Doch vor allem die Wahl Benjamin Netanjahus zum israelischen Premierminister gefährdet einen langfristigen Friedenprozess, da dieser bei seinem rechtkonservativen Regierungskurs auf einen starken Staat und überlegene militärische Präsenz und Unterdrückung der Palästinenser setzte und immer noch setzt. Dazu zählt auch eine imperial anmutende Siedlungspolitik auf palästinensischen Gebieten und die Unterdrückung und Schikane der arabischen Bevölkerung.

Interpretation des Konflikts

Deutlich wird bei dem sogenannten Nah-Ost-Konflikt, wie sehr dieser in die Sphären der Machtpolitik westlicher Staaten hineinragt. Man mag die Belfour-Deklaration dabei als das entscheidendes Zünglein an der Waage betrachten, denn ohne eine solche Deklaration wäre Israel wohl nie entstanden.

Während die Israelis ihren Herrschaftsanspruch mit dem Alten Testament rechtfertigen, sehen sich die Palästinenser als die eigentlich rechtmäßigen Einwohner des so gelobten und umkämpften Landes. So mündet der Konflikt in einen brandgefährlichen Streit um die Deutungshoheit, der sich mit nichts weniger als einem Absolutheitsanspruch zufrieden gibt, denn Religion ist stets absolut und die Hand, die in ihrem Namen tötet, immer (!) ideologisch motiviert.

Schnell neigt man dazu, in diesem Konflikt parteiisch zu sein, denn natürlich stehen die Palästinenser einer übermächtigen israelischen Armee gegenüber. Und ja: Die Kontrollposten, die den Palästinensern das Leben im Alltag enorm erschweren, sind reine Schikane. Doch Opfer gab und gibt es auf beiden Seiten. Während Israel mit Raketen auf palästinensische Gebiete schießt, hängen sich sogenannte palästinensische Freiheitskämpfer Sprengstoffgürtel um, um jüdische Kinder zu töten.

Bei alledem vergessen wir, dass Israel längst zu einem Spielball der westlichen Imperien, allen voran der USA, geworden ist. Denn das Rüstungsgeschäft mit dem Land, das sich permanent im militärischen Ausnahmezustand befindet, boomt. Auch Deutschland verdient da kräftig mit. Es darf also die Frage gestellt werden, wie ernsthaft die sogenannten Friedensbemühungen seitens der westlichen Welt gemeint waren und sind. Donald Trumps jüngste Äußerung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, lässt jedenfalls keinen Zweifel daran aufkommen, dass man an Israel auch zukünftig als Rüstungsabnehmer interessiert ist. Daneben rechnen sich die westliche Strippenzieher gute Chancen aus, die Arabische Welt durch die Flankierung Israels längerfristig zu schwächen und die eigene Vormachtstellung zu sichern.

Doch parallel zum internen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zeichnet sich auch ein externer Konflikt ab. Denn an der nördlichen Grenze Israels steht die iranische Hisbolla quasi schon vor der Haustür, nachdem der schiitische Mullah-Staat einen stillen Regime-Change in Beirut vollzogen hat.

Was bleibt, ist ein Appel an die Menschlichkeit und an die Einsicht, dass ein Auskommen miteinander immer besser als der Kampf gegeneinander ist. Es ist so unfassbar banal und am Ende doch so unfassbar kompliziert.

Fotos: politische-Bildung.de, AP, aljazera