Lyrik und Gedichte

Januar 2023

Leere Hülle
Nah liegen die Ruinen,
sprechen in den Schatten,
die sie gebaren, gehüllt in schweren Nebel,
der sich, einem Leichentuch gleich,
warm hernieder senkt.

Weit mögen sie noch nicht gekommen sein.
Fern noch hört man die dumpfe Melodie,
die mit jedem Taktschlag einen Märtyrer macht,
so sagt man.

Legenden leben auf in jenen Zeiten,
in denen der Tod doch kalt und roh und rostig ist,
dir Ruhe gibt, das Leben nimmt, entlässt in eisige Weiten.

Morgengrauen

Noch versteckt sich die Sonne hinter den weiten Feldern,
das Grollen der wunderbaren Geschütze klingt fröhlich.
Die Soldaten lachen und freuen sich auf den anrückenden Tag,
sind dankbar für den Kampf, die Möglichkeit zu sterben.

Neusprech.
Brauchen wir eine Wende in der Zeit,
eine Zeitenwende? In der Wende steckt Ende,
steckt Wende – wie die Kehrtwende der Soldaten,
die sich ausrichten wie Objekte –wenden zum „Feind“.
Eine Wende zum Ende – vielleicht –
ein Zeitenende und ein Abschied,
von Dir und mir, vom uns und wir,
ein Ende mit Schrecken, das
entzeitlichen soll, entmenschlichen will,
entwurzeln und entwerten will,
das dem tradiert geglaubten Wertekanon
keine Stimme gibt.

Dezember 2022

Repression
Doch du bist die Abstraktion des Surrogats,
das Stoppen im Drängen,
das Weg vom Hier,
vielleicht von mir,
meine Liebe zur Utopie,
zum Positivsten in Dir,
ohne das Negativ zu sehen,
ohne die maskierende Routine,
die alles zerbricht. Auch mich.

Kinderspiel.
Die Kinder spielen in den Brachen,
gestrandet in ölfarbenen Lachen,
zieht sich das Leben dahin,
ohne Kindheit, ohne Sinn.
Zeigen sich des Schusters Sohlen,
kommt der Abend Dich holen.

Gehst du gestrandet dahin,
ohne Leben, ohne Sinn,
magst du auch weinend verstummen,
hörst du noch das laute Summen.
Zeigt sich das Plumpe des Lebens,
im Kreislauf des ewigen Nehmens.

Der Strick, er hing dort an der Decke,
die Lampe, sie bracht‘ ihn zur Strecke,
mit hängenden Schultern entlassen,
das Seiende begann zu verblassen.
Ging vom Jetzt hin zum Gewesen,
das Sein beginnt rasch zu verwesen.

Die Nacht, sie bringt tiefgraue Bilder,
und wird dann die Dunkelheit milder,
so geht das Schwarze dahin,
ohne Zeit, ohne Sinn.
Und kommen die Träume dich holen,
mach dich davon auf leisen Sohlen.  


Schwebende Geister

Dazwischen ist Raum,
für links und rechts,
fürs Oben und Unten,
Raum zum Ruhen, zum Tun,
Raum für Glaube,
die Sehnsucht nach dem Konjunktiv,
das „Hätte“ im „Wäre wenn“.
Der Zwischenraum ist Ruhe,
ist Pause, die Sezession des Augenblicks.

November 2022

K.
Weit weg rauscht die Wüste,
im blechernen Monochrom,
im fiebernden Fahrwasser.
Am Bug der Peripherie,
aufgesetzt im heißen Sud,
ist letztlich doch – alles Sand.

TiefRotAbgebrüht.
Fleischnägel lieben die Nähe,
zermürben den Fetzen am Haken,
die Hoffnung auf Papier,
Fleischnägel kennen die Nähe,
lieben die Faserwelt, zerfasern,
die Welt und das Hier.
Fleischnägel durchdringen die Nähe,
kennen nur das schreiende Crescendo,
stecken tief in jedem Dir.


Zur Schlachtbank

Die kastrierte Omnipotenz der Vorderen,
der Vorderen, die Forderer sind –
den Pathos fordern sie,
von den Mücken im Dunst.

Sie kreisen um den Schwarm,
umschlingen ihn mit ihren Petitessen,
formen den Schwarm zum beruhigten Ganzen,
das formbar ist und ruhig.

Wo der Morgentau fällt,
gibt es kein Erwachen mehr,
gibt es keinen Ausbruch,
ohne einzubrechen.

Ein Wir. Kein Ich.

Orte.
Eine Aura hast du,
die ich kenne,
seit ich Dich kenne.

Du bist da; warst da;
wirst da sein,
beständig und doch endlich;
mit Deiner Aura, die ich kenne.

Jedes Zimmer, jede Platte, jede Fuge,
ein Stein im großen Mosaik,
alles gibt Dir Kraft, gibt Dir Halt,
so wie Du mir.

Denn Du vereinst in Dir die Zeitlichkeit,
die Vergangenheit und die Zukunft,
als Heimat.

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September 2022

Medial 1
An der Oberfläche kratzen,
statt reden nur schwatzen.
Ein Sanktus auf die Komunikation,
geglättet durch die Filterfunktion.
Glück als dargestelltes Sakrileg,
materiell, posaunt nur zum Beleg.
Verkümmert und versklavt,
vom Ego bestraft,
ein Clown in der Masse,
statt Individuum mit Klasse.
Von Narziss belogen,
vom Selbstbild betrogen.
Das Eigene zeigen,
statt’s Zeigen zu verweigern.


Kindheit

Kindheit ist die innere Ruhe,
die äußere Lebenslust,
Erinnerung an bessere Tage,
einst honig-süß, jetzt süß-bitter,
die Verheißung des Paradieses,
dessen Pforten für uns geöffnet waren,
und nun verschlossen sind.

Glasperlen
Ich habe versucht, die Wirklichkeit zu inhalieren,
tief hinein in meine Lungenflügel zu atmen,
sie in mich aufzunehmen.
Und doch ist dies ein Wagnis, immer wieder.

Ich habe versucht, die Wirklichkeit zu fühlen,
sie mit jeder Pore zu begeifen,
sie in mir zu erfassen.
Und doch ist dies ein Wagnis, immer wieder.

Ich habe versucht, die Wirklichkeit zu begreifen,
zu erspüren, was wirklich ist,
sie zu verstehen.
Und doch ist dies ein Wagnis, immer wieder.

Politik
Heiße Reden, ohne zu tun,
versetzen nur Luft in Schwingung
und noch keine Berge.

Glaube
Ich konnte nie glauben,
dass ein mit Weihrauch gefüllter Kessel,
eine verehrte Monstranz,
eine von klingenden Worten betäubte Menge,
mehr ist als hilfloser Glaube,
der nicht hilft, aber, glaube ich, für manche nötig ist.

Zeitenwende
Die beschworene, langersehnte,
die waffengeschwängerte,
für viele leidvolle, für wenige gewinnbringende
Zeit der Wende, die Zeitenwende,
ohne Ende, ohne Anfang,
Rechtfertigung für Regierende,
für ein Mehr an Tod,
die sich erhebenden Militärs,
die verbrannte Morgenluft wittern.
Eine Wortschöpfung apokalyptischen Ausmaßes,
ein Unwort, das niemals hätte geboren werden dürfen.

August 2022
Zwischenraum

Kreisen, immer wieder kreisen,
in Gedanken, dem Innersten, den Poren,
kreisen und innehalten, Luftholen durchs Kreisen,
sich einen Rückzug schenken, der Sicherheit und Verlass gibt.

Einen sicheren Rahmen schenken in unsicheren Zeiten, einen Bezugspunkt
ohne Bezug. Ich kreise, kreise ein und verharre glücklich im Elysium, im so lieb gewonnenen Wartesaal des Glücks – meditierend in der Stille, die zum Schreien einlädt.

Sehnsüchtig auf der Suche nach nichts außer dem gelebten Augenblick,
der zu einem Standbild wird, unmerklich ins Gewesene übergeht.   

Unmerklich zerrinnt in eine konstruiertes Sein. masken- und schemenhaft.

 

Februar 2022
Wenn du Krieg willst …
Dumpf klingen die Trommeln am Vorabend der Schlacht;
kaum hörbar zieht das Schwarz am Horizont auf,
bannt das Denkbare, vertreibt das Vernünftige,
heizt an, schärft ein, schließt aus.

Neue alte Tugenden werden bemüht; am Vorabend der Schlacht;
kaum spürbar zieht das Schwarz am Horizont auf;
malt martialische Bilder, von Schwarz und Weiß,
malt scharfe Konturen, spornt an.

Kurz ist das Gedächtnis am Vorabend der Schlacht;
geschärfte Klingen wollen spalten, nicht einen,
geführt aus der Ferne, Schlachtwerkzeuge aus Stahl,
die das Leben verneinen und verachten.

Soldaten sollen wollen, am Vorabend der Schlacht;
das Schwarz verdrängen, das Schwarz vergessen,
geködert mit Pathos und Ehre, die keine sind,
die keine waren, Soldaten sollten verneinen.

Januar 2022
Asche

Er drückte langsam die Zigarette aus;
während die Glut eine unendliche Sekunde lang herabfiel;
hinabfiel vom Sein ins Gewesen, graue Asche als;
versinnbildlichter Endpunkt des Zeitkontinuums;
als das „War“ nach dem „Sein“;
wobei das „Sein“ vor dem Asche-Sein, das Sein als ehemals
lebendige grüne ausladende Pflanze schon zig Tage,
zig Wochen zurücklag.

Vergangen waren die Tage der friedvollen Pflanze;
die sich mit dem Dasein selbst begnügte,
mit den Grenzen ihrer räumlichen Ausdehnung,
die durch den Rand der grobporigen Blätter auf der sonnendurchfluteten Plantage;
über dem goldbraunen, ruhig dahinfließenden Fluss markiert wurden.

Hätte diese eine Pflanze, dieses unschuldige Gewächs, gedacht und gewusst,
dass ihr Tod naht, und infernalisch mit dem wütenden Herausreißen aus dem mit Mineralien durchsetzten fruchbaren Boden eingeläutet wird;
oberhalb des kleinen Hügels, von dem man an klaren Tagen das ferne Dorf sehen kann;
hätte sie gewusst, dass ihr Tod naht; und gleichwohl nur der Startschuss für einen industriellen Verarbeitungsprozess,
für ein Zerhacken, ein Zerkleinern und Fermentieren ist,
sie hätte geweint. Hätte sie gewusst. Hätte sie geweint.

Verpackt, verschnürt, entwurzelt vom Sein zum Gewesen verbannt,
ohne jemals schuldig geworden zu sein,
verpackt, verschnürt und verbracht, weit weg,
vom goldgelben Rio, der gemächlich seine Mäander in die
braunen Felsen unterhalb des Dorfes formt, sich eingräbt in die Erde,
weit weg von der Pflanze. Weit weg vom Leben. Erloschen.

2021
Alles dreht

Es dreht sich, in und um herum,
in einem Taumel der unendlichen Schwere,
in mir, an mir, über mir.

Und doch,
stehe ich in einem Raum, in Wänden, die brechen,
auf mich fallen, mich bestürzen.

Und doch,
fühl ich, spür ich, bin ich,
durch eben das Außen auch innen.
Fühl durch das Brechen die ganze Leere,
das ganze Scheitern im äußeren Schmerz nach innen.

 


Zwischengelagert

Logsgelöst von jeder Form,
von jeder Konstanz, und doch Teil von ihr.
Zeit vor und nach, hin und her,
ein zirkulierender Kreis,
bevor das Werdende, ins Seiende aufgeht,
nachdem das Seiende war und das Werdende ist.

Unsetetig und beständig.
Zwischen Raum. Zwischen Zeit. Zwischen-Zeit.
Der Ursprung des Möglichen.
Die Chancen des Wirklichen.
Das Potential zu gebären und zu ersticken.
Leben zu geben und nehmen.
Alles liegt darin. Alles.


Alles

Alles könnte, wenn es wollte.
Alles ginge, wenn es sollte.
Alles wäre, wenn es könnte.
Wenn es könnte, wie es könnte.

Doch es tut nur wie es kann.
Und ist deshalb schlechter dran,
macht, nur, ab und an,
oder fängt erst gar nicht damit an.



Tulpen
Die Tulpen wehen im Wind.
Der Fink kreist am Horizont,
am blauen, tiefen Firmament.

Der Duft von Regen liegt im Raum.
Entfaltet eine seltsam leichte Schwere,
ist`s wirklich oder ist es Traum?

Wenn Tropfen auf den Gehweg rinnen.
Zerfallen in ein Nichts herab,
zerbersten in ein feuchtes Grab.

Dann entspringt die Form zu Neuem,
einzig in Struktur gebannt,
stetig anders, doch bekannt.


Nebelbank
Die Welt erwacht in Nebelschwaden.
Weit weg ist die Nähe von einst.
Weit weg ist das, was du suchtest.

Näher als nah sind die Schatten.
Größer noch die Splitter im Fleisch.
Weit weg ist das, was du suchtest.
Schmerz ist an Wonne so reich.

Schmerz kann betäuben und herrschen,
wo einst die Leere regiert.
Schmerz kann ersetzen und täuschen,
was nur das Außen negiert.

Weit geht die Flanke der Schwaden,
vom flachen Wiesental bis an die Hügel empor.
Reicht herein, reicht hinein,
bis das Außen sein Innen verlor.

Auf ein Wort.
Mein Wort ist deins.
Und Deins ist meins.
Es ist doch alles eins.

Mein Wort ist seins.
Und meins ist deins.
Ist wirklich alles eins?

Faustisch
Dring vor, hinein in die klaren Wasser.
Dring ein in die Welten des Irdischen,
um das Überidische unmenschlich zu entdecken.
Erhebe dich, potenziere Dich,
sei ein Webender, Strebender, Einziger,
von vielen.

Fremdbestimmt, aber mit Bestimmung,
wissend, unwissend, heraus aus der Knechtschaft,
hinein ins Gefangen-sein,
nur dass Engelschöre dich begleiten und flankieren,
nur dass du als Versuchter zur Versuchung wirst.

Von Höherem getrieben, zu Höherem gerufen,
von Höherem missbraucht und zerrieben,
zwischen den Malsteinen der Gestirne,
zwischen den Ewigen ein unendlich, unendlich
fiebernder Geist.

Auf der Strecke vollstreckt,
auf der Strecke geblieben.


PHÖNIX

Das hölzerne Klavier verstummt.
Entklingt am bleiernen Ort, am Ort,
wo einst die Welt begann, wo einst,
die Welt begann und endet heut.
Hier steh ich nun gefangen,
gefangen in der Monotonie des Gewesenen,
möcht schreien gar, doch bin gefangen,
befangen in mir, ruhe, obwohl es,
nicht mehr weit ist, da die Entflammung kommt,
sie sich mir bemächtigt, ohnmächtig, mich
werden lässt, obgleich ich über mich wachse,
übermenschlich gar, einem Phönix gleich,
der aus der Asche sein Leben zieht, sein
Leben nimmt, entschwebt, in unbekannte Ferne.

Zerrbild
Eine Antwort ersehnend schaust du mich an,
doch das, was ich seh, wirft mehr Fragen auf.
Es ist eine einzige Frage, ein blickender Monolog,
ein fade gewordener Kaffee am Morgen, lauwarm nur.
So siehst du, du bist, dass du bist, wie du bist.
So betrachtest du, blickst du, stierst du hinein.

Und zerrinst bei der Frage, verlierst deinen Boden,
bist nah an Dir, doch siehst, siehst nicht das Wahre,
das Tiefe, das Innenliegende Offenkundige,
das Dir Innenwohnende, das dich lebendig Haltende, das Feuer.

Nein, das, das siehst du nicht, denn du bist fern, dir fern,
bist Odysseus gefolgt, hinab zu den Sirenen, in den Garten,
wo der Weg zum Felsen führt, wo die gelben Narzissen blühen.
Dort blickst du an, bist du, wie du bist. Unbegreiflich.


Dort
Dort, wo ewig der Holunder blüht.
Dort, wo ewig die Hoffnung grünt.
Dort, wo Du mich einst empfangen.
Dort will ich Ewigkeit erlangen.

Dort, wo ewig klare Bäche fließen.
Dort, wo ewig wilde Rosen sprießen.
Dort, wo sich Traum die Wahrheit nennt.
Dort will ich sein, doch bin ich fremd.

Hinab.
Weggerissen steht er, wartend nur auf den Moment.
Weggerrissen. Fortgerissen. Aller Halt.
Kein Halten mehr, kein Greifen mehr, kein Begreifen mehr.
Weggerissen. Fortgerissen. Aller Halt.
Kein Wollen mehr, kein Haben mehr, kein Denken mehr.
Weggerissen. Fortgerissen. Aller Halt.
Kein Wissen mehr, kein Fühlen mehr, kein Lachen mehr.

Erwürgt
Wohligwarme, enge Nähe, beglückend,
fixierend, umwunden, gewunden, gewoben.
Erschnürende Nähe, zerschnürende Nähe, zepressende Nähe.
Zerquetschend, vermengend, betrogen.

Bar
Was du verstehst, aber nicht siehst,
die zahllosen Ungereimtheiten zwischen den Zeilen
der Worte, zwischen dem nächsten Drink, dem nächsten
Reden und Sprechen, zwischen dem ‚Hallo‘ und dem ‚Tschüss‘.

Ein zäher Zwischenraum, angefüllt mit Plattitüden,
mit Nichtigkeiten des Vergänglichen, angekratzt erzählt,
aber nicht tiefgründig verstanden, zwischen dem nächsten Drink,
dem nächsten. Hörst du dir zu?

Was du erzählst, dass du erzählst, die Worte formst,
sie weit verströmst im Raum verteilst, verwirbelst,
bis sich das eine um die anderen dreht, und
der Barkeeper den Glenmorangie ausschüttet.

Klebrig goldgelb legt er sich nieder, da im Glas.
Die Melange wird zäher, du wirst klebriger,
Wort an Wort, verdreht sich das, was du meinst,
mit dem, was da ist zu einem Film, hinein in eine Szene.

Alles Sehen ist perspektivisch, sagt Nietzsche, denke ich,
während du sprichst, aber doch nichts sagst bis der Whisky,
meine Lippen benetzt und ich die Bedeutung dessen, was gemeint
sein könnte, in einem schweren Konjunktiv herunterschlucke.

Der Barkeeper lacht verlegen, du auch, und ich bin bei mir,
du sprichst weiter und ich entscheide mich zu gehen.


SIRENE
Du gabst mir alles und nichts,
gerade so viel, dass ich mehr davon wollte.
Fern von Nähe, nur nah am Verzicht,
eine Sirene, der ich Tribut zollte.

Die Stimme umfing mich und schuf jene Träume,
die brennend und bebend erstrahlten.
Doch abseits der Täuschung war ich nur die Beute,
war einer von vielen, die zahlten.

Was Feuer berührt, das verbrennt es meist auch,
so ist stets der Lauf der Welt.
Wo Flammen einst züngelten, jetzt schwarzer Rauch,
und schmerzende Haut, die mich quält.

Ein Kommen ein Gehen, ein Sein nur im Schein,
der Preis für Enttäuschung ist hoch.
Ein Leben mit mir, ein Leben allein,
ein Leben im ‚Könnte‘, im ‚Bloß‘.

Was bleibt, ist der Blick auf die Banalitäten,
im Boot aus geliehener Zeit.
Was bleibt, ist das Fallen in maligne Sphären,
zum Sterben für immer bereit.

INSEL
Wünschen wir uns nicht alle eine Insel?
Eine Insel, die uns auffängt, an der wir stranden,
an der wir anlanden können, von warmen Wellen getragen,
ins paradiesische Abseits des Daseins, ins verführerische,
sonnenverwöhnte Hier und Jetzt. Heraus aus der Tristesse der
Sozialversichernummern, der quälend langsamen Schritttempo-Fahrten,
der von Kälte durchzogenenen Zwangsmomente,
der geplanten Einöde inmitten von imaginären Fallnetzen,
deren letzte verblühten Maschen uns in der Illusion der stummen Realität
zurücklassen. Eine Insel, die uns umarmt, uns wahr- und annimmt.
Eine Insel brauchen wir alle.

SEITEN
Die gelben Seiten im Buch
blättern sich schwer, sind vergilbt und
kleben aneinander. Es ist mein Buch, dessen Inhaltsverzeichnis
ich zu kennen glaube,
dessen Lettern ich aufgesogen habe,
samt dem betäubenden Duft der schweren dunklen Druckerschwärze.

Manche Wörter sind verblasst, andere versal im Vordergrund stehend, scheinbar
beliebig gesetzt, willkürlich formatiert, eingefügte Wörter, teils mit Kapitälchen, die zusammengereiht zu Satzreihen, zu Kapiteln werden, und, einem Strom gleich,
an unbekannten Ufern vorbeifließen, angetrieben, angefacht vom Erleben,
vom Leben selbst,
wirbelnd, tosend, gemächlich,
alles zugleich, die umliegenden Lande formend, prägend, schleifend.

Bis die Satzglieder der Erosion preis- und dem Strom ganz übergeben werden,
sich akkumilieren am Grunde.
Zeugen einer an ihnen vorbeiziehenden Gegenwart,
Zeugnisse der Vergangenheit,
verwässernd verrotten,
Fußnoten auf den vergilbenden Seiten.

DER DOLCH.
Der goldene Dolch durchdrang die Wasser,
durchdrang sie und tauchte in sie ein,
verlor die Wärme der taghellen Sonne,
die noch hoch am Himmel thronte und darüber strahlte,
wie er aus dem Bewusstsein, aus der Welt heraus,
ins schimmernde Purpur der Kühle und Schwere
entschwinden konnte, ohne sich umzudrehen,
ohne zu zögern. Zog er fort.

Endlosschleife.
Geworfen in die Welt,
sagt Heidegger,
sein, um des Gewesenen willen,
sage ich,
Leben in der Retrospektive,
genährt von den blassen Bildern der Vergangenheit,
die sich zu einer Collage zusammensetzen,
in der Schwäne Elefanten spiegeln,
überspitzt, unwahr, unwirklich,
und doch – unmittelbar, näher als nur gewesen.

Worte.
Eine Sammlung von Sprüchen und Weisheiten.

In einer oberflächlichen Welt des Scheins ist für tiefes Sein kein Platz mehr.
Das ist das tragische, aber eigentlich lösbare Problem unserer Zeit.

Kritik wird dort zur Satire, wo sie Teil einer von der Mehrzahl geteilten Meinung ist.

Bei allem Übel müssen wir glauben. An was auch immer. Sonst sind wir verloren.

Der Herrschaftsanspruch, Religion in Institutionen zu bannen, ganz egal ob diese Kirche oder Moschee heißen, steht dem echtem Glauben diametral gegenüber. Der echte Glaube ist unfassbar.

Wir leben in einer vernetzten Welt, doch durch die Maschen des Netzes fallen zu viele hindurch.

Miteinander zu reden und Diskurs zuzulassen, dieses Wagnis wird belohnt werden.