Martin Sellner im zeitGEIST-Interview

Er gilt als politischer „Badboy“, als personifiziertes Feindbild der woken Linken: Martin Sellner, dessen Name spätestens seit dem sogenannten „Geheimtreffen von Potsdam“ einem breiteren Publikum bekannt ist. Mit seiner Indentitären  Bewegung ging er in Österreich auf die Straße und macht zurzeit mit seinem neuesten Buch „Remigration. Ein Vorschlag“ Schlagzeilen. Aber Sellner ist nicht nur provozierender Aktivist, sondern auch theoretischer Feingeist und Familienvater. Wir haben mit ihm im zeitGEIST-Exlusiv-Interview gesprochen, weil man besonders in diesen Zeiten das Gespräch suchen sollte, und weil wir uns für den Menschen hinter dem Aktivisten interessieren.  

Herr Sellner, wie kamen Sie damals, in Ihrer Jugend, eigentlich mit der „rechten Szene“ in Kontakt? Was hat Sie daran fasziniert?
Ich war bereits Patriot, bevor ich in diesen Bereich kam. Was mich damals daran faszinierte, waren Demos, Aktionen, Musik, Subkultur, also gelebter Widerstand. Das gab es zu meiner Jugend nur an jenen Stellen, die man heute als „altrechte Szene“ bezeichnet.

Wie stehen Sie heute zu Gottfried Küssel? Haben Sie noch Kontakt?
Nein wir haben schon sehr lange keinen Kontakt mehr. Wir sind ja jetzt auch in unterschiedlichen politischen Lagern.

Immer wieder geraten Sie ja ins „Fadenkreuz“ der Behörden. Erste Einreise-Verbote gegen Sie wurden bereits 2018 (Großbritannien) und 2019 (USA) erwirkt. Aktuell dürfen Sie auch in Deutschland nicht einreisen. Sie gelten in den Mainstream-Medien zweifellos als „Badboy der Neuen Rechten“. Wie gehen Sie als Mensch damit um? Wie als Aktivist?
Fangen wir mit dem Aktivisten an: Ich nutze diese absurden Repressionen weidlich aus, um unsere Gegner zu blamieren und unsere Ideen und Begriffe bekannter zu machen. Abgesehen davon ist es natürlich zehrend. Ständig teure Verfahren, eine große persönliche Unsicherheit und die Nebeneffekte der Dämonisierung, von Kontokündigungen über Wohnungssuche bis zu linken Attacken. Aber das kriegt mich nicht klein!

Martin Sellner im Exklusiv-Interview mit dem zeitGEIST-Blog
In seinem Element: Martin Sellner, der politische Aktivist

Warum, denken Sie, haben die Behörden Sie als „Feindbild“ auserkoren?
Ich denke, sie haben Angst vor der Identitären Bewegung und unseren Botschaften. Sie wissen, dass wir potentiell durch unseren Aktivismus Millionen erreichen können. Deswegen zensieren und verfolgen sie uns. Und sie wissen, dass potentiell Millionen unseren Ideen zustimmen. Deswegen dämonisieren sie uns.

Denkt man als politischer Aktivist auch manchmal daran aufzugeben, insbesondere dann, wenn der öffentliche Druck zu stark wird? Oder macht einen Menschen das nur noch stärker? Sie sind ja schließlich auch Vater geworden.
Ich würde lügen, wenn ich sage, dass der Druck mich nur stärker macht. Manchmal ist und bleibt es einfach das, was es primär ist: eine Belastung. Vor allem wenn man, wie jeder andere Mensch auch, mal einen schlechten Tag hat. Ich versuche trotzdem ein guter Ehemann und Vater zu sein und mich nicht davon runterziehen zu lassen. Dazu bekomme ich ja auch viel Lob, Kraft und Unterstützung!

In der FAZ las ich, dass Sie eine Einreise in Deutschland in Betracht ziehen. Zum Beispiel eine (erneute) Kaffeefahrt. Wann heißt es denn „Voyage, Voyage“?
Tja, dazu kann ich noch nichts sagen. Aber meine Entscheidung ist schon getroffen und sagen wir mal so: So schnell wird man mich nicht los.

Wie stehen eigentlich Ihre Eltern zu Ihren politischen Inhalten?
Meine Eltern sind sicher nicht immer meiner Meinung, aber sie respektieren meinen Lebensweg, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Sie trifft natürlich auch viel Druck.

Sie betonen in Ihrem Buch „Regime Change von rechts. Eine strategische Skizze.“, immer wieder die Notwendigkeit einer politischen „Reconquista“. Wie sähe diese in Grundzügen aus? Was wären erste schnell realisierbare Schritte?
Der erste Schritt ist Herstellung der Meinungsfreiheit und die Entmachtung der alten Meinungskartelle. Die Reconquista ist im wesentlichen ein patriotischer Stimmungswechsel, der damit auch die Parteienlandschaft beeinflusst. Ich nenne das im Buch „Metapolitik“. Wenn der vorpolitische Raum im Land sich ändert und das Klima der Angst verschwindet, dann ändert sich auch die Politik.

Kommen wir zum Thema Remigration. Würden Sie sagen, der Wirbel um das sogenannte „Geheimtreffen in Potsdam“ hat der Neuen Rechten aus ‚Marketing Perspektive‘ genutzt?
Langfristig ja. Kurzfristig entstand Druck und das war und ist vor allem für die AfD unangenehm. Langfristig haben aber Millionen Menschen gehört, dass es eine Alternative gibt und dass dazu sogar ein „Plan“ existiert. Wenn man jetzt die Dämonisierungen abbaut und die Wahrheit verbreitet, kann die Idee der Remigration voll durchstarten.

Im Gegensatz zum linken Milieu, das ja rasch nach dem zweiten Weltkrieg eine theoretische Programmatik entwarf (z. B. die Frankfurter Schule), hat dies der Rechten lange gefehlt. Das haben Sie gemeinsam mit Götz Kubitschek und vielen anderen Autoren geändert. Welche Chancen sehen Sie für die Neue Rechte durch diese ‚theoretischen Rückkopplung“?  
Das hat ein gewaltiges Potential. Die patriotischen Massen im Volk und die geistigen Inspirationsquellen der neuen Rechten können gemeinsam erstmals strategisch vorgehen und metapolitische Meter machen. Bisher bestand das rechte Lager aus einer großen, desorientierten Masse aus Konservativen, die vom Mainstream nach links geleitet wurden. Dazu gab es eine kleine, radikale und abgeschottete Subkultur, die keine echte Strategie und wenig weltanschauliche Tiefe hatte. Die neue patriotische Bewegung hat das geändert. Es gibt zahlreiche neurechte Verlage, Zeitschriften und Aktionsgruppen, die ein immer stärkeres Vorfeld für AfD und FPÖ bilden.

Welche drei Bücher sollte ein junger, politisch interessierter Mensch unbedingt gelesen haben?
Eine sehr gute Frage! Junge Menschen lesen heute ja nicht so viel. Daher empfehle ich hier auch Kapalaken. Ich würde „Provokation“ von Götz Kubitschek, die „Verteidigung des Eigenen“ von Martin Lichtmesz und „Das Heerlager der Heiligen“ von Jean Raspail empfehlen.

Würden Sie sich selbst als rechtsextrem bezeichnen?
Sicher nicht! Erstens bezeichnet sich kein Mensch selbst als „extrem“. Abgesehen davon bin ich auch nach objektiven Kriterien nicht extremistisch. Weder will ich einen Umsturz noch wende ich Gewalt an. Ich bin einfach nur rechts, und dass muss legitim sein.

Last but not least: Welche Hobbies hat Martin Sellner, wenn er nicht gerade als Autor oder Aktivist unterwegs ist?
Ich betreibe verschiedene Arten von Sport, Kraftsport, Klettern, Boxen. Ich lese sehr gerne, spiele strategische Brettspiele mit Freunden und, was glaube ich die Wenigsten wissen: Ich falte gerne Origami.

Herzlichen Dank für das Interview.

Martin Sellner, geboren 1989 in Wien, studierte Rechtswissenschaften und Philosophie und war als Leiter der Identitären Bewegung Österreichs, als Aktivist und Theoretiker einer ihrer bekanntesten Köpfe. Sellner widmet sich in seinen Werken philosophischen Fragen nach Sinn und Identität im gegenwärtigen Europa.

Das Interview führte Andreas Mathias Altmeyer.


Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Martin Sellner.

GEAS-Reform ein Tropfen auf den heißen Stein

Die jüngste Reform des Europäischen Asylsystems (GEAS) soll vor allem eines: Die Gemüter in  Europa beruhigen. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die gemeinsame Position der EU-Innenminister als ein Tropfen auf den heißen Stein. Deutschland war und ist nach wie vor Zielland Nummer eins der sogenannten Migranten. Aktuell steigen die Zahlen wieder an. 2022 wurden in den EU-Mitgliedstaaten etwa 966.000 Asylanträge gestellt. Das sind über 300.000 mehr als 2021.

Zu begrüßen ist, dass die Reform eine wirksamere Verbesserung an den EU-Außengrenzen vorsieht. Außerdem sollen Einreise-Willige so schnell wie möglich an der EU-Außengrenzen identifiziert und in grenznahen Außenlagern untergebracht werden. Bis ihr Asylantrag geprüft wird, gelten sie als „nicht eingereist“. Einreisen darf nur der, dessen Asylantrag eine realistische Chance auf Anerkennung hat. Die Bearbeitung der Asylanträge will man zukünftig auf alle Mitgliedsstaaten solidarisch verteilen. Außerdem strebt man an, die Sekundärmigration, also das Weiterziehen der potentiellen Einwanderer in ein anderes Land, zu verhindern. Abgelehnte Migranten werden über sichere Drittstaaten abgeschoben. So viel zu den Kernpunkten.

Bei genauerer Betrachtung ist die Reform deutlich zu kurz gegriffen. Statt viel früher anzusetzen, nämlich entsprechende Musterstädte und Hilfslager direkt in den Herkunftsländern zu errichten, lässt man Schleusern und ihren Helfershelfern weiterhin freie Hand und setzt die Wanderer unmittelbaren Gefahren aus. Eine sichere Festung Europa bedingt jedoch, in eben diesen Herkunftsländern Aufklärungskampagnen zu konzipieren, und alle Pushfaktoren zu bekämpfen sowie die Pullfaktoren im Zielland auf ein Minimum herunterzufahren. Auch die deutsche Staatsbürgerschaft ist mittlerweile ein wesentlicher Pull-Faktor und fast schneller zu haben als ein Fastfood-Menü.

Solange die Bundesregierung nach wie vor einen Sonderweg geht, und den hier Ankommenden ein umfangreiches Sozialsystem in Aussicht stellt, ist der Anreiz, eine gefährliche Überfahrt zu wagen und gegebenenfalls illegal einzuwandern, einfach zu groß. Gleichzeitig berücksichtigt das Positionspapier keineswegs die Korrelation von Herkunftsland, Religion und dem damit verbundenen Potential der Menschen zur echten Assimilation. Will sagen: Wir wissen, dass z. B. die Volksgruppe der Afghanen und Syrer im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung überrepräsentiert sind, wenn es um die Ausübung von Straftaten geht. Insofern ist die Einreise solcher Volksgruppen sofort zu stoppen – mit oder ohne Aussicht auf Asyl.

Gleichzeitig wurden in Deutschland von 2007 bis 2018 2.015.059 Asylanträge gestellt. Auf Platz zwei der Top-Aufnehme-Länder befindet sich mit großem Abstand Frankreich (1.004.752 Anträge). Daraus lässt sich ableiten, dass Deutschland in der Vergangenheit EU-weit am meisten „Flüchtlinge“ aufgenommen hat. Das ergibt einen quantitativen Überhang. Daher sind Asylsuchende zunächst auf alle anderen Länder der EU zu verteilen. Dies gebietet letztlich nicht nur die tendenzielle Überfremdung, der sich Deutschland ausgesetzt sieht, sondern nach wie vor der massenhafte Gewaltimport sowie die wirtschaftlich-ökonomische Vernunft.

Weiterhin sind die Hürden der hier bereits straffällig gewordenen Ausländer für eine Abschiebung deutlich zu senken. Lehnt das Herkunftsland eine Abschiebung in die alte „Heimat“ ab, sind gegen dieses ggf. Sanktionen zu verhängen. Im umgekehrten Fall müssen für aufnehmende Länder wirtschaftliche Anreize  geschaffen werden. Es ist eine zentrale innerdeutsche Angelegenheit, wie die Abschiebung der hier lebenden Illegalen und Kriminellen Ausländer zügig und human zu organisieren ist.

Es geht um nichts anderes, als um den Migrationsschub umzukehren, und unser Land vor den weiteren Folgen einer fehlgeleiteten dümmlich naiven Politik des Ethnomasochismus zu bewahren. Ob und wie die Länder in realitas in der Lage sein werden, das erste Minimal-Konzept für eine vermeintlich gezügeltere Migration umzusetzen, ist obendrein fraglich und wird die Zeit zeigen.