Seibert und de Maizière: Die Heuchler der Nation

Am Wochenende haben Demonstranten in Berlin die israelische Flagge verbrannt. Dazu sagte Ex-Moderator und jetziger Merkel-Pausenclown Stefan Seibert: „Man muss sich schämen, wenn auf den Straßen deutscher Städte so offen Judenhass zur Schau gestellt wird.“ Herr Seibert, wie heuchlerisch können Sie und Ihre Kumpane überhaupt sein? Schämen sollten sich nicht die Protestler, sondern Sie!

Ihre Regierung schließt milliardenschwere Rüstungsdeals mit den Israelis ab, verkauft ihnen U-Boote und Raketen, wohlwissend, dass dieser Staat mit seinem widerrechtlichen Siedlungsbau und seinem Kontrollwahn massiv Palästinenser unterdrückt, schikaniert und tötet. Trumps Entscheidung hat jetzt eine Zweistaatenlösung endgültig unmöglich gemacht.

Als drittgrößter Waffenexporteur der Welt ist Deutschland direkt mitverantwortlich für die Erweiterung der israelischen Staatsgebietes im Jahre 1948, mit der auch die Vertreibung von 700.000 Palästinensern einherging. Im Jahre 1952 unterstütze Deutschland Israel beim Krieg gegen Ägypten und verschiffte an das Land Waffen aus Bundeswehrbeständen. Haben Sie das alles schon vergessen?

Mehr noch: Waffenlieferungen und Rüstungskooperationen zwischen Deutschland und Israel waren und sind noch immer ein wesentlicher Bestandteil der „Entschädigungsleistungen“, die Deutschland aufgrund seiner Holocaust-Schuld erbringt. So steckt der israelische Merkava Panzer voll deutscher Technik, seine Glattrohrkanone stammt von Rheinmettal, um nur eine von vielen deutschen Firmen zu nennen, die den Terror made in Germany in den Nahen Osten exportieren.

Schauen Sie mit Ihrem Parteifreund de Maizière doch mal in Gaza oder im Westjordanland vorbei: Dann können Sie am eigenen Leib sehen, wie „friedfertig“ die israelische Armee ist und was sie mit den deutschen Qualiätsprodukten anrichten. 

Und nein: Versuchen Sie die Proteste am Wochenende nicht wieder in die Antisemitismus-Ecke zu drängen: Diese Taktik geht nicht auf.

Ihrer Partei geht es keineswegs um Menschenrechte, sonst hätten Sie ja ein Mindestmaß an Verständnis für die Demonstranten an den Tag gelegt und würden das Verbrennen der israelischen Flagge als das ansehen, was es ist: eine symbolische Handlung. Können Sie die ohnmächtige und die Verzweiflung so wenig verstehen? Wo hat es sich eigentlich versteckt, das C in Ihrem Parteinamen?

Auch wenn Sie die Anerkennung  Jerusalems als Hauptstadt Israels seitens Donald Trump nicht gut heißen: Es ist Zeit, sich nicht nur von der imperialen Politik der Israelis, sondern auch von dem geostrategischen Gehabe der USA entschieden zu distanzieren. Und zwar durch Handeln und nicht durch bloße Lippenbekenntnisse. Sonst könnte es nämlich sein, dass schon bald der nächste Out-of-Area-Einsatz für die Bundeswehr ansteht, deren Soldaten sich wieder mal zum Helfershelfer und Kanonenfutter  für die Rohstoff-Interessen des US-Imperiums machen. Geübt hat „die Truppe“ ja bereits Mitte November, als sie mit sechs Eurofightern und 110 Soldaten an einer riesigen Übung in der Negevwüste teilnahm. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …

Zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels. Ein offener Brief an Donald Trump

Was die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels seitens der USA bedeutet, ist unklar. In einem offenen Brief an Donald Trump skizziere ich ein paar Gedanken über seine möglichen Motive, die Geschichte des Nahen Ostens und wo dieses Spiel mit dem Feuer hinführen könnte.

Sehr geehrter Donald Trump, sehr geehrter Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika,

vielleicht war die Entscheidung Jerusalem als die Hauptstadt Israels anzuerkennen, einer Ihrer viel kritisierten spontanen Reaktionen geschuldet, für die Sie so bekannt sind. Vielleicht hat sie aber auch mit einem weitaus schlimmeren Motiv zu tun, namentlich Ihrer Tendenz, die Geschehnisse im Nahen Osten zu generalisieren und sich dabei über die Folgen, die ein solches Signal mit sich bringen könnte, nicht bewusst zu sein. Oder, was die schlimmste aller anzunehmenden Motivationen wäre: Sie sind sich sehr wohl darüber im Klaren.

Was Sie auch immer, Herr Trump, dazu bewogen haben mag: Erneut haben Sie sich als Drittstaat in eine Debatte eingemischt und Stellung bezogen. Bedenklich ist dieser, Ihr Entschluss, vor allem deswegen, weil damit erneut ein Drittstaat, namentlich der mächtigste der Welt, in die Geschehnisse eines Landes bzw. einer Landpartie eingreift, die sich in ihrer jüngsten Geschichte immer schon der Gunst oder Missgunst dritter ausgesetzt sah.

Als damals Großbritannien vor ziemlich genau einhundert Jahren mit der Belfour-Deklaration den Grundstein für die Entstehung eines zionistischen Staates legte, und im jüdischen Volk jene nationalistischen Umtriebe schürte, die heute in einer omnipotenten Allmachtphantasie der israelischen Regierung gipfeln, hätte man das Desaster kommen sehen müssen. Manifestiert hat sich der Wille zur Expansion der Israelis schließlich 1967 im Sechs-Tage-Krieg, der die Besetzung der Golanhöhen nach sich zog, obwohl sie territorial zu Syrien gehören. Dieser Zustand hält bis heute an, wohl auch deshalb, weil dieser Landstich Israel einen Großteil seines Trinkwassers liefert.

Auch im Westjordanland und insbesondere im Gazastreifen, einem kargen Randgebiet, das hauptsächlich aus Dünen besteht, tritt die Großmacht Israel mit martialischer Präsenz auf, unterdrückt, unterjocht und tötet diejenigen, denen dieses Land ursprünglich gehörte.

Nun kennen Sie bereits sicherlich all diese Fakten und können daraus wohl ableiten, warum die radikal-palästinensische Hamas entsprechend auf diese Intervention der Besatzer antwortet. Auch wenn ich das keineswegs befürworte, erinnere ich Sie an die einfache, wenn auch wahre Gleichung, wonach Gewalt bekanntlich Gegengewalt erzeugt.

Vielleicht ist aber die Anerkennung Jerusalems als die Hauptstadt Israels nichts weiter als ein kluger, geostrategischer Schachzug, der, mit Verlaub, gar nicht von Ihnen, sondern von ihren Militärs respektive Thinktanks ersonnen wurde. Denn, anders als Ihre Vorgänger, haben Sie (noch) keinen echten Krieg geführt, abgesehen von den paar Tomahawk-Raketen, die Sie auf Syrien abfeuerten. Das zählt aber nicht. Immerhin kannten Sie damals den Unterschied zwischen Syrien und dem Irak nicht einmal. Vergeben und vergessen.

Schaut man sich jedoch die Entwicklungen im Nahen Osten näher an, so könnte man, entschuldigen Sie mir dieses Gedankenexperiment, auf die infame Idee kommen, dass Sie sich bedroht fühlen. Nein, nicht bedroht im eigentlichen Sinne, vielmehr wenn es um die Sicherstellung dessen geht, was für Ihr Land, really, really, wichtig ist: das Öl. Könnte es nicht sein, dass es Ihnen zu schaffen macht, dass der Iran und damit auch die schiitische Hisbollah, sein Hoheitsgebiet sukzessive erweitert und damit Ihre Rohstoffversorgung gefärdet? Erinnern Sie sich an das libanesische Staatsoberhaupt Saad Hariri, das erst vor ein paar Wochen zu den Saudis floh? Nun ist Hariri wieder zurück, doch hat nichts mehr zu sagen, außer „ja“ zum Iran. Dieser wiederum hat den Zwangsurlaub Hariris am Golf sinnvoll genutzt, um unter Michel Aoun eine Marionettenregierung Irans zu etablieren. Der böse Iran. Wie gerne hätten Sie dessen Atomprogramm auf Eis gelegt, wie gerne hätten Sie, Donald, aus ihm einen weiteren Verbündeten bzw. eine neue Tankstelle der USA gemacht. Fazit: Außer Spesen, nix gewesen. Nun stehen die Mullahs quasi schon vor der israelischen Haustür.

Nun gut, in dieser Sache waren Sie also machtlos. Doch jetzt, jetzt haben Sie es zumindest den anderen, den Sunniten, mal so richtig gezeigt … Denken Sie, Herr Präsident! Denn mit Ihrer Entscheidung haben Sie Jerusalem endgültig zur „Sin City“ in Middle-East gemacht. Warum? Hier meine Antwort: Grundsätzlich werden Sie den extremistischen Sunniten, also insbesondere ISIS und Co. damit jenen sprichwörtlichen Sprengstoff liefern, den sie zum zündeln und bomben brauchen, denn mit Ihrem Entschluss rückt eine Zweistaaten-Lösung wieder in weite Ferne. Sicher, die Geschäfte mit der Regierung Netanjahu wird das zunächst ankurbeln. Doch zu welchem Preis? Wieder fühlen sich Araber in ihrem Nationalismus bestärkt, fühlen sie sich von Menschen aus dem Westen bevormundet und verraten. Ob sich die Geister, die Sie riefen, auch in einem Terror-Echo innerhalb Ihres so geliebten Heimatlandes entladen werden, bleibt abzuwarten. Aber vielleicht, Herr Trump, sind Sie ja auch bereit, diesen Preis, tatsächlich zu zahlen, zugunsten einer arabischen Revolte, die vielleicht, ja vielleicht, sogar einer militärischen Intervention Ihrerseits bedarf.

So würden Sie jedenfalls mehr als zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die US-Wirtschaft käme in Schwung, Sie könnten Ihre Vormachtstellung und Ihre Rohstoffhoheit festigen und hätten endlich einen Kriegsschauplatz, dessen unterirdische Ressourcen es Wert sind, junge Marines in den Tod fürs Vaterland zu schicken.

Nun ist es durchaus interessant zu sehen, dass sich die Saudis, mit denen Sie ja liebend gerne Geschäfte machen, gegen Ihre Anerkennung Jerusalems aussprachen. Vielleicht ist all das aber nur Symbolpolitik des Hauses Saud, genauer des neuen starken Mannes am Golf, Prinz Mohammed bin Salman. Denn fest steht, die Monarchie der Sauds braucht seit dem schwachen Kurs des Petro-Dollars neue, gewinnbringende Geschäftsfelder. Aber wahrscheinlich haben Sie darüber schon längst mit Ihren Freunden beim Dinner gesprochen. Man könnte also meinen, wenn man all diese Fakten summiert, dass Sie mit System zündeln, um endlich, ja endlich, eine militärische Intervention rechtfertigen zu können, morgen gegen extremistische Sunniten, übermorgen gegen wütende Schiiten und das nicht etwa zur Wiederherstellung des Friedens, sondern einzig und allein zur Festigung Ihrer geostrategischen Vormachtstellung.

Ich kann nur hoffen, Herr Präsident, dass mein Gedankenexperiment sich nicht in realitas bewahrheitet. Denn das wäre mehr als eine Schande …