Schützenpanzer aus Germany

von Andreas Altmeyer

Endlich: Deutschland liefert Schützenpanzer an die Ukraine. Da dürfte sich nun die olivgrüne Truppe der ehemaligen Wollpulli-Stricker/Strickerinnen freuen. Einst aus der Friedensbewegung hervorgegangen, sind die „Grünen“ längst Fans von Rheinmetall et al. geworden und befinden sich auf einem in ihren Augen „wertegeleiteten Kriegspfad“. Dass sich damit einmal Schnittmengen zu der FDP, namentlich dem rüstungspolitischen Schabanack einer Marie-Agnes Strack-Zimmermann, ergeben würden, na, das hat in den achtziger Jahren wahrlich noch keiner geahnt. Doch nach der Phase des obligatorischen „Gegen-das-Establishment-Seins“ und der pseudo-revolutionären Umtriebe haben sich viele der ehemaligen turnschuhtragenden Chef-Revoluzzer in den Vorstandsetagen der kapitalistischen Gegenwart breit gemacht und mit den damit verbundenen Annehmlichkeiten angefreundet. An der Quelle saß der Knabe, wusste schon Schiller.

All jene, die die Grünen tatsächlich wegen ihres ehemals pazifistischen Ansatzes wählten, sollten spätestens jetzt – aber eigentlich schon nach der Bomberei im Kosovo unter rot-grüner Ägide – erkannt haben, wes Geistes Kind sie sind. Sie sind im höchsten Maße opportunistisch und leben eine politische Doppelmoral aus, die unerträglich ist. Während uns hier ein inflationsgetriebenes Energiesparpaket nach dem anderen zwangsverordnet wird, bläst der Krieg zig tausend Tonnen Co2 in die Luft  – ob in der Ukraine oder auch andernorts, z. B. in Syrien oder im Jenem, wo Ägypten, Katar und Bahrain täglich tausende Menschen töten lassen. Aber das ist den Grünen egal.

Gleichgültigkeit für die eigene Bevölkerung, eine devote Bündnistreue der US-amerikanischen Regierung gegenüber und ein Faible für Waffen: Das ist zweifellos eine brandgefährliche Kombination, die in ihrer Irrwitzigkeit und geopolitischen Naivität vollends zutage tritt, wenn Trampolinspringerin Baerbock mal wieder davon faselt, dass Waffen Frieden bringen oder A. Hofreiter das Ministerium, das er nie erhielt, mit seinen militärischen Gewaltfantasien kompensiert.

Ein im wahrsten Sinne geschichtsvergessener Bundeskanzler tritt die Werte seiner eigenen Partei und damit das Brand’sche Vermächtnis („Nie wieder Krieg von deutschem Boden“) mit Füßen, und öffnet Tür und Tor für ein brandgefährliches geopolitisches Manöver, bei dem auf alle Fälle Deutschland wirtschaftlich und schlimmstenfalls die ganze Welt überhaupt in den Abgrund gerissen werden.

Was der Bevölkerung bliebe, wäre ein klares Statement zu kommunizieren gegen Aufrüstung und eine Bundesregierung, die auf Fremdbestimmung sowie Entmündigung setzt. Doch spätestens seit einer restriktiven Corona-Politik wissen die Herrschenden, dass die deutsche Bevölkerung lange braucht, bis ihr der Kragen platzt. Und das, und nichts anderes, ist das eigentliche Problem: Die schweigende Mehrheit, die es erst möglich macht, dass ein solches Pfeifen-Kabinett wie unsere Bundesregierung überhaupt erst in Regierungsverantwortung stehen darf.

Durch eben jene Mehrheit der Konformisten, der Menschen ohne jegliches politisches Bewusstsein und jene, die ihr Glück durch den Rückzug in die Privatheit finden, wird dieser politisch-desaströse Kurs erst ermöglicht.

Die Bevölkerung scheint im wahrsten Sinne des Wortes „verstummt“, ein politisches Bewusstsein fehlt allenthalben und selbst Massenproteste gegen einen Regierungskurs der Ausbeutung, der Kriegstreiberei und der Verteilung von unten nach oben bleiben aus, wobei es genau genommen noch mehr bräuchte als den stummen Protest auf den Straßen. Aber immerhin wäre das ein Einfang.

Stattdessen geht die stumme Mehrheit konform mit dem Willen der rot-grünen Bundesregierung, uns immer tiefer in den Kriegssumpf hineinzuziehen, ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei der Ukraine um eine (noch) Nicht-NATO-Mitglied handelt. Obendrein sollte sich gerade Deutschland, so viel Geschichtsbewusstsein sollte sein, mit Kriegshandlungen gegen Russland zurückhalten. Immerhin trägt es schon schwer an der Verantwortung, dass nach Schätzungen bis zu 26,6 Millionen Russen deutschen Waffen im „großen vaterländischen Krieg“ zum Opfer fielen.

Nie wieder Krieg vom deutschen Boden – diese Maxime muss auch heute noch unbedingt gelten. Die Bundesregierung täte gut daran, diese ernst zu nehmen, statt sich von ihrer machtpolitischen Hybris berauschen zu lassen. Stoppt den Waffenexport jetzt!

Quo vadis Deutschland?

von Andreas M. Altmeyer

Eine Regierung, die auf die Spaltung der eigenen Bevölkerung und eine Politik setzt, die dieser nachweislich mehr schadet als nutzt, sollte ein Grund für jene Bevölkerung sein, das Verhalten eben jener Regierenden zu reflektieren. Umso schwerer verständlich ist es, wenn sie dies nicht tut. Wo kommt er her, der deutsche Wille zur Bequemlichkeit und Passivität?

Spätestens seit „Mutti-Merkel“ werden uns, der geneigten Bevölkerung,  im Top-Down-Prinzip bestimmte politische Entscheidungen als alternativlos verkauft. Dies war schon bei der Bankenrettung so – Sie erinnern sich vielleicht noch –, aber auch bei den Ereignissen der jüngsten Geschichte. Ob steigende Energiekosten, massive Aufrüstung oder Solidaritätsbekundungen gegenüber der Ukraine mittels Waffenlieferungen: All das scheinen, folgt man dem gängigen Mainstream-Flow, unausweichliche Handlungsmaximen zu sein, die, dem Hegel’schen Gesetz des Weltgeistes gleich, zwangsläufig geschehen müssen.

Ungeachtet einer interessengeleiteten Politik, die natürlich immer auch mit nationalstaatlichen Interessen einherginge, da nur auf jene Weise der nationale Zusammenhalt, aber auch die Souveränität des Landes und seine wirtschaftliche Leistungskraft gewahrt bleiben, scheint die aktuelle Bundesregierung losgelöst der Volksinteressen zu agieren. Anders ist es leider nicht zu erklären, dass eine pseudo-ethische-Handlungsmaxime beim Ukraine-Krieg zur ersten Bürgerpflicht erklärt wurde, während im Land selbst weite Teile der Bevölkerung in ein wirtschaftliches Zwangskorsett gepresst werden und sich sogar die Mittelschicht mit einer drohenden ökonomischen Notlage konfrontiert sieht. Gleiches gilt für eine Reihe mittelständischer und teilweise sehr traditionsreicher Unternehmen, die mit dem Gedanken spielen, aus Deutschland abzuwandern oder es bereits getan haben.

Es ist eine Politik der Reichen für wenige Reiche, bei der Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Ein zutiefst neoliberales Mantra also, zu dessen willigem Erfüllungsgehilfen sich die rot-grüne Regierung längst gemacht hat. Wie Schröder zuvor, ist auch Scholz ein „Genosse der Bosse“, nur sitzen diese für Scholz nicht bei VW, sondern bei der Warburgbank in Hamburg und wohlweißlich auf der anderen Seite des Atlantiks.

Warum, so darf die Frage lauten, machen wir Deutschen das überhaupt mit? Wieso lassen wir es zu, dass eine Clique von machtbesessenen Lobbyisten ein Deutschland konzipiert, in dem die Interessen der Bevölkerung keineswegs vertreten werden.

Warum, so muss man auch fragen, lassen wir uns mit 9-Euro-Ticket-Trostpflastern und kurzzeitigen Benzin-Preis-Almosen „abcanceln“, während auf der anderen Seite Rüstungs- und Ölkonzerne die echten Kriegsgewinner sind? Wieso lassen wir uns überhaupt in die spalterische und hetzerische Attitüde der Mainstream-Journaille hineinziehen, die endlich ungehemmt ihre russophoben Neigungen ausleben kann, flankiert von einem administrativen EU-Patronat aus Lobbyisten und Speichelleckern, die ausschließlich auf ihre eigenen Vorteile bedacht sind? Wir sollten und müssen uns dagegen wehren.

Da nutzt es auch nichts, wenn wir mit vielen teilweise sehr treffsicheren Kommentaren Facebook befüllen. Es geht, und das muss die wahre Erkenntnis der vergangenen zwei Jahre sein, darum, dass uns diese politische Kaste nicht regiert, sondern lediglich als Befehlsempfänger reagiert. Dies müssen wir begreifen, müssen wir verstehen, und dann entsprechende Schlüsse daraus ziehen. Es ist eine Kaste der politischen Kurzstreckenläufer, die sich freiwillig einer transatlantischen Beugehaft unterzogen hat, um sich selbst und uns alle zu geißeln, ohne Fachkompetenz, ohne Skrupel, ohne Werte, dafür mit viel ideologisch inspirierten Ideen und einem Öko-Faschismus, der die Mittelschicht ausbluten lässt.

Glauben Sie, eine Annalena Baerbock hätte sich vor ihrem willkürlichen  Amtsantritt in Geostrategie verstanden oder je etwas von einem der wichtigsten US-Chef-Strategen namens Brzeziński gehört? Es wäre wünschenswert, auf alle Fälle, denn immerhin darf diese Frau die außenpolitischen Fäden der „noch“ bedeutendsten Wirtschaftsmacht Europas ziehen.

Stattdessen poltert sie wie eine „loose cannon on a rolling deck” vor den Mikrofonen der westeuropäischen Leitmedien herum. Dramatisch. Daneben die sorgenvolle Miene eines in seiner Rolle ebenso überforderten Wirtschaftsministers, der nur abrücken müsste von einer transatlantischen Doppel-Moral und die Schleusen von Nordstream I und II öffnen müsste, um die Bedenken der Bevölkerung, den wirtschaftlichen Einbruch und die Abwanderung von Unternehmen zu verhindern. Dann noch ein Kanzler, der am Warburg-Syndrom, aka post-monetäre Amnesie, leidet. Glauben Sie, dieses Dreigestirn holt uns irgendwo raus und hilft uns weiter, irgendwie?

Der deutsche Michel sitzt währenddessen vor dem PC und regt sich auf. Schweigend und in sich gekehrt – zumindest im Reallife, wie man es heute nennt. Einem Volk, das keine Revolution möchte, kann man sie nicht aufzwingen.

Benommen und mit Gleichgültigkeit sitzen wir in unseren Stuben, und hoffen: auf die Monotonie unserer kleinen Leben mit ihren kleinen Fluchten. Den Grillfesten am Abend, den Urlauben an der Nordsee. Auch das ist menschlich – aber längst keine Rechtfertigung zur Passivität. Wir erdulden ein Verhalten unserer führungspolitischen Kaste, das weder hinnehmbar, noch ertragbar ist. Genau diese Kaste sonnt sich im Schoß der wirtschaftspolitischen Vollversorgung und lässt für uns ein paar Krümel übrig – wenn überhaupt. Und viele von uns geben sich damit zufrieden!

Vielleicht ist es mit der spätrömischen Dekadenz vergleichbar, von der ja Westerwelle schon sprach, die zu dieser Passivität einlädt. Das Leben in einer maroden Gesellschaft, der Verknappung von Sozialleistungen, der „flexiblen“ Jobs und der konsumierenden Maßen.

Eine Masse, die sich dem ideologischen Diktat von Minderheiten und ihren Partikulär-Interessen unterordnet, die sexuelle Vielfalt mit neurotischen Sprachauswüchsen verwechselt und für die sich die Selbstverwirklichung im Tragen von schriller Unterwäsche und in der Verwendung von Wortsilben zur Geschlechterkennzeichnung erschöpft.

Es ist eine Gesellschaft der Zersplitterung und Zerfaserung, in der das individuelle Glück und die Definition dessen, was das überhaupt ist, sich lediglich auf der persönlichen Ebene abspielen. Das ist potentiell nazistisch.

Es scheint ein Prozess der Selbstgeißelung zu sein, der sich da vollzieht, die „Entkörperung“ von Sprache und Geschlechtlichkeit, eine Art Gesellschaftsneurose der Abspaltung des Seins – vom individuellen Denken zur reinen Definition über die Gruppenzugehörigkeit. Jeder, der keiner Minderheitengruppe zugeordnet ist, ist „out oft he game“, ist konservativ, rassistisch und böse. Doch echte gesellschaftliche Toleranz geht weit über die Grenzen individuellen Seins hinaus. Sie definiert sich auch nicht darüber, ob ich zu meinem Gegenüber „ich, du, er, sie, es“ sage. Denn das sind Äußerlichkeiten, die ohnehin in den Hintergrund treten sollten, wenn das Innere im Gleichgewicht ist.

Willkommen in der Cancel-Culture
Eine Kultur des Kaschierens ist die Folge. Wir kaschieren die Geschichtlichkeit der Sprache, verhängen Embargos gegen historisch gewachsene Begriffe (z. B. „Mohrenkopf“ , „Zigeunerschnitzel“), aber kitten nicht mal ansatzweise die echten Bruchstellen des marode gewordenen Sozialstaates, verharren zum Großteil in dem von der politischen „Elite“ diktierten Tagesgeschehen, fixiert auf uns selbst, ohne nur eine Idee davon zu haben, wie eine bessere Gesellschaft überhaupt aussehen könnte.

Geschlechtsidentität und die Aufweichung von Geschlechtergrenzen werden uns als neue Freiheit vorgegaukelt und wir geben uns damit zufrieden, ohne die echten kollektiven Sollbruchstellen der Gesellschaft überhaupt noch wahrzunehmen: Eintreten für Friedenspolitik, Engagement für sozial-ökonomische Gerechtigkeit, gewerkschaftliche Organisation sowie Aus- und Aufbau einer direkteren Demokratie rücken immer mehr in den Hintergrund in dieser Gesellschaft der Gesättigten, die metaphorisch und wörtlich grenzenlos ist.

Doch wie sollen sich ohne Grenzen überhaupt Profile schärfen, wie eine soziale Identität herangebildet und Pluralität vertreten werden? Wir verlieren uns in der Verwendung des Binnen-I’s, biegen und brechen unseren kulturellen westeuropäischen Wertekanon bis zur Schmerzgrenze, ohne die Folgen zu bedenken. Darin liegt die Crux: im Streben nach möglichst viel Individual- Glück, ohne das kollektive Glück ernst zu nehmen.

Wir verlieren uns im Klein-Klein der Oberflächlichkeit, im Glanze des Regenbogens, dessen Farben blass geworden sind, was nutzt der schönste Regenbogen, wenn man keine Arbeit hat, wenn man letztendlich doch fremdbestimmt wird und es nicht einmal merkt?

Wenn man den als handlungsrelevant verkauften Narrativen nur noch passiv gegenübersteht – scheinbar. Wenn alles ein politischer Einheitsbrei geworden ist, der die Bürger mahnt, drangsaliert und als Steuervieh missbraucht, um eine mit US-imperialistischen Interessen verwobene Außenpolitik zu finanzieren?

Steigende Preise allerorts, Inflation, Corona und Depression: Statt dies als Chance zu begreifen, unser politisches System der Fassadendemokratie zu überwinden und die es repräsentierenden Parteien nun endlich als Verräter am Volke zu begreifen, wenden sich viele angewidert ab. Der Homo Apolitical ist geboren und tröstet sich mit seinem kleinen Individual-Glück des Konsums über die erodierende Gesellschaft hinweg. Völlig devot, völlig selbstzufrieden, völlig teilnahmslos. Erzogen, um zu folgen, hat er sein Schicksal, ein Spielball der politisch-aristokratischen Kaste zu sein, längst akzeptiert. Und daran wird nicht nur er, sondern unsere gesamte westeuropäische Gesellschaftsordnung zugrunde gehen.