Deutschland, quo vadis?

Über die Notwendigkeit einer identitätsgeleiteten Politik.

von Andreas Altmeyer

Wir leben in unruhigen Zeiten, in denen sich – die meisten Menschen zumindest – über eine nie gekannte Form der Äußerlichkeit und der oberflächlichen Wahrnehmung definieren. Social Media wird für sie zum Wegbegleiter, der ihnen die scheinbare Gewissheit gibt, die „Anderen“  an ihrem Leben teilnehmen zu lassen, ein Leben, das wiederum in viralen Versatzstücken beweisen soll, dass es eben ganz „supi“ ist. Dass man sich den Events der Zeit hingibt und mit allen Sinnen zu genießen weiß, dass man sozusagen das „Dolce Vita“ lebt, mit ein bisschen Fitness, ein bisschen Jetset-Glamour und so fort. Während wir früher einmal unseren Namen in eine hölzerne Sitzbank ritzten, scheint diese digitale Form des Fingerabdrucks Menschen mit einem sinnstiftenden Moment zu erfüllen, ihnen die Gewissheit zu geben, von anderen „bewundert“ zu werden, gerade dann, wenn die mit Filter und Software geglätteten Artefakte als Fotos und Videos im digitalen Äther verewigt und mit Likes belohnt werden.

Einerseits erwächst aus diesem Streben nach Anerkennung ein nie gekannter „digitaler Hedonismus“, das permanente Drehen-um-sich-selbst. Vielleicht sind eben Soziale Medien dafür prädestiniert, die sinnenlehrte Lücke zwischen verlorengegangener religiöser Bindung und andererseits identitätsstiftenden Elementen – wie jenem des tradierten Wissens um kollektive Werte – zu füllen. Vielleicht lassen sie die „User“ aber auch in der sinnentleerten Scheinwelt der Bits and Bytes zurück mit einem Gefühl der unendlichen Leere, derer sie sich nur ganz selten – in den kurzen ruhigen „Offline-Momenten“ – gewahr werden.

In dieser Welt, in der uns Facebook und Instagram in einer unendlichen Aneinanderreihung von Posts  die „wunderbare Welt des Scheins“ präsentieren, verlieren wir uns im Spiegelkabinett der Algorithmen, befinden uns in einer entspannten Wohlfühlzone, die uns mit einem apolitischen Gestus umgarnt.  Wir meinen, dass wir sind, was wir darstellen zu sein. Doch das erweist sich spätestens dann als Trugschluss, wenn wir auf die Straßen dieses Landes schauen. Denn während wir uns im Lichte der digitalen Identität sonnen, führt sie in realitas ein dunkles Schattendasein, wird „von außen“ definiert über sexuelle Orientierung, wird verkürzt über die neue schöne Regenbogenwelt, die uns glauben macht, wir wären alle so wunderbar gleich, dass wir alles und jede/r sein können, wenn wir nur wollen. Ein Avatar für jede Lebenslage.

Diese Verkürzung der Identität auf einen digitalen und sexuellen Nenner ist das maßgebliche Kennzeichen eines sich verändernden Menschenbildes. Ein Menschenbild, das die eigene Individualität nur im Heilsversprechen der sexuellen Orientierung und im digitalen Hedonismus findet.  Beide Sphären jedoch sind frei von Sinnstiftung und Transzendenz. Die Grenzen von Schein und Sein verschwimmen, es wird im wahrsten Sinne des Wortes alles grenzen-, alles uferlos. Und dort, wo sich die Grenzen auflösen, wird die eigentliche differenzierte Betrachtung des Menschen als Individuum unmöglich. Alles wird ein wenig schmackhafter Einheitsbrei, der schwer verdaulich und schwer greifbar ist.

Es gehen die maßgeblichen Grundpfeiler eines Identitätsverständnisses verloren, das den Menschen eben nicht reduziert auf seine digitale oder sexuelle Gruppenzugehörigkeit. Identität ist letztlich auch immer verbunden mit Tradition, mit kulturellem Erbe und mit einer sich abgrenzenden Teilmenge von einer anderen. Nur so wird Individualität garantiert, indem die Identität als in einem ethno-homogenen Raum herangebildetes Ganzes entsteht.

Identität ist, das mag man in jenen Zeiten der „no nation, no border“-Ideologie gerne vergessen haben, immer auch geknüpft an die eigene Nationalität, weil die Nationalität wiederum, als ethno-kulturelles Überdach, über Jahrhunderte ein tradiertes Bewusstsein angereichert hat. Anders formuliert: Ein Chinese nimmt die Welt anders wahr als ein US-Amerikaner und das ist auch gut so.

Während man uns ab den 1980er Jahren des letzten Jahrhunderts erklären wollte, dass nur das Mantra des Multikulturalismus den Ausweg aus einer als hegemonial empfundenen „weißen Mehrheitsgesellschaft“ darstellt, müssen wir heute erkennen, dass erst der Multikulturalismus entscheidend zur Auflösung tradierter Identitätsmuster beigetragen hat – auf allen Seiten.

Während alle Welt nach digitaler Identität strebt, enttäuscht die Wirklichkeit mit einem Gefühl der nationalen Fremde. Eine Umgebung, die für jene fremd geworden ist, die hier aufwuchsen, die aber auch jenen immer fremd sein wird, die hierher kamen, um ihr Glück zu suchen. Das Phänomen des „Fremdelns“ entsteht so lange, bis der demografische „Kippunkt“ erreicht ist und die Anzahl der „Fremden“ die der „Autochthonen“ übersteigt. Schon heute hat  jeder fünfte in Deutschland lebende Mensch einen Migrationshintergrund. Der angeführte „Kippunkte“ wird also, wenn die Politik der offenen Grenzen so weiter geht, bald erreicht sein.

Die sich verändernden Mehrheitsverhältnisse werden unweigerlich auch mit einer Umgestaltung der politischen Landschaft einhergehen. Sprich: Hochbezahlte Migrationsbeauftrage alleine werden dann nicht mehr ausreichen. Es stellt sich schlussendlich die Frage, warum wir dies erdulden? Warum wir es zulassen, dass Menschen auf beiden Seiten der Skala entwurzelt werden, ob eines utopischen Friede-Freude-Eierkuchen-Weltbildes, das von der Realität Lügen gestraft wird.

Die unbegrenzte Einwanderung ist nicht alternativlos, genauso wenig wie die Akzeptanz derselben. Langsam jedoch werden ihre Folgen auch für jene spürbar, die es sich bis dato noch in ihrer Welt der sorgsam gepflegten Gärten, im eigenen Neu- oder Altbau bequem machen durften. Noch einmal: Wir stehen der grenzenlosen Einwanderung, die einige Wenige wollen, nicht machtlos gegenüber. Es ist an der Zeit, zu erkennen, dass diese unserer nationalen und individuellen Identität schadet, indem die hier (unrechtmäßig) Aufgenommenen nicht nur ihr Gastrecht missbrauchen, sondern auch unsere Lebenswelt nachteilig verändern.

Müssen wir erdulden, in unserer Heimat heimatlos zu werden? Müssen wir mit ansehen, dass sich Menschen, die uns gegenüber ohnehin in Misskredit stehen, uns gegenüber oftmals respektlos und abfällig verhalten? Ist der Wandel, der sich gerade im öffentlichen Raum vollzieht nicht schon greifbar mit all seinen negativen Folgen? Das ideologische Grundkonzept entstammt zwar linken Kreisen, wird mittlerweile aber schon längst vom regierungspolitischen Establishment getragen. Eine echte politische Alternative kann daher nur jenseits der Systemparteien zu finden sein. Der Weg, der hierfür beschritten werden muss, wird entbehrungsreich und ist mit Steinen gepflastert. Denn das profillose politische Gefüge der Altparteien freut sich insgeheim auf seine neue Wählerschaft, die ihm seinen Status Quo garantiert. Doch diese Freude ist de facto ein Trugschloss. In dem Maße wie fremde Einflüsse an Bedeutung gewinnen, werden sich auch de facto neue politische Parteien konstituieren, die eine Eigendynamik mit eigenen Interessen vertreten.

Mehr noch wird sich diese Veränderung, die schleichend aber mit potenzierender Dynamik vonstattengeht, auf allen Ebenen spürbar sein. Politisch, sozio-kulturell, religiös und historisch.

Es ist eine Frage der Haltung, sich dieser ideologisch betriebenen Meinungsmache entgegenzustellen. Das erfordert echten Mut und keinen Gratismut, wie wir ihn in regierungsideologischen Kreisen à la Jan Böhmermann erleben. Doch diese Haltung, diese echte Haltung, ist jetzt mehr denn je notwendig. Unser Land läuft sonst Gefahr, zu einem ideen- und identitätslosen Sammelbecken für Glücksritter zu werden, die seine Gutgläubigkeit schamlos ausnutzen. Es ist an der Zeit, aktiv an die Dinge heranzutreten und sie politisch mitzugestalten, statt in der Rolle des Rückzugs und der Passivität zu verharren. Das erfordert die metapolitische Arbeit des Vorfeldes, denn nur diese vermag eine notwendige gesellschaftliche Veränderung herbeizuführen. Diese Arbeit allein einer Partei zu übertragen, wäre verkürzt, sie nur auf aktivistische Felder zu implementieren ebenso. Daher braucht es eine ganzheitliche Verzahnung und stabile Bande zwischen Politik, Bewegung, Marketing und sonstiger metapolitischer Arbeit.

Nie war eine nationale mit unseren Traditionen verwurzelte Identität wichtiger als heute. Und die finden wir nicht nur im Herzen unseres Landes, auf seinen Straßen, in seinen Parlamenten und in unseren Bewegungen.

Autor: Andreas Altmeyer

Autor, Friedensaktivist

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