An dieser Stelle wieder einmal eine kleine Filmkritik meinerseits. Letzten Freitag strahlte Einsfestival den Film Berlin Calling mit Paul Kalkbrenner alias Ickarus (mit „ck“) aus. Ickarus, aka Martin Karow, ist ein Berliner Elektrokomponist, der um die Welt tourt und immer mehr seinem Drogenkonsum verfällt. Letztlich diagnostiziert ihm die Ärztin Prof. Dr. Petra Paul (Corinna Harfouch) drogeninduzierte geistige Verwirrtheit. Martins Leben wird in seinen Grundfesten erschüttert, der groß angekündigte Release-Termin für sein neues Album scheint in Gefahr.
Nach einem mäßigen Fernsehabend hat mich dieser Streifen völlig in seinen Bann gezogen: Neurotisches Großstadt Feeling, Berlins neue elektronische Avantgard mit viel Gefühl, Drogen und Sinn für Haus(ouse)musik. Kalkbrenner verkörpert den neurotisch-dümpelnden Künstler hervorragend und lässt den Zuseher teilhaben an seinem morbiden Innen- und Außenleben. Nicht zuletzt durch seine einfühlsamen musikalischen Untermahlungen wird dieser Film zur stimmungshaften Momentaufnahme Berliner Jugendkultur – im Schatten des Brandenburger Tores und pseudo-intellektuellen Polit-Gewäschs. Meisterhaftes junges deutsches Kino, das den Beweis dafür liefert, dass Sentimentalität auch in einer von Bässen durchzuckten Industrial-Szenerie nicht zu kurz kommen muss.
Einige weitere Kritiken:
„Auch das lebendige Gefühl von Authentizität, das sich vor allem bei den an Originalschauplätzen während regulärer Partys gedrehten Clubaufnahmen einstellt, unterscheidet „Berlin Calling“ von manchen genreverwandten Werken.“ Spiegel Online (Christoph Cadenbach)
„Paul Kalkbrenners wunderbarer Soundtrack spricht eine andere Sprache. Vielleicht ist es der sentimentalste Techno aller Zeiten, aber er liefert dem Film eine nuancierte emotionale Struktur. Und Kalkbrenners zurückgenommenes Schauspiel ist dem ebenbürtig. Aber auch Rita Lengyel als Freundin Mathilde ist nicht zu übersehen. Sie ist ebenso glaubhaft in ihrem Zustand konservierter Mädchenhaftigkeit.“
– Frankfurter Rundschau (Daniel Kothenschulte)
Musik: Paul Kalkbrenner
Kamera: Andreas Doub
Buch und Regie: Hannes Stoehr